Mit Urteil vom 10.7.2019 hat das erstinstanzliche Finanzgericht München unter dem Aktenzeichen 4 K 174/16 entschieden, dass das Vermächtnis eines Miteigentumsanteils an einem inländischen Grundstück der beschränkten Erbschaftsteuerpflicht unterliegt. Aktuell hat der Bundesfinanzhof in seinem kürzlich erst veröffentlichten Urteil vom 23.11.2022 unter dem Aktenzeichen II R 37/19 diese Rechtsauffassung verworfen.
Um besser zu verstehen, worum es in diesem Streitfall, der durchaus auch als Gestaltungsmittel eingesetzt werden kann, geht, wird kurz der Sachverhalt erläutert: Im Streitfall hatte eine in der Schweiz lebende Erblasserin eine Immobilie in der Bundesrepublik Deutschland an eine in den USA lebende Verwandte vermacht. Im Jahr nach dem Tod der Erblasserin wurde das Vermächtnis erfüllt und die Vermächtnisnehmerin (und spätere Klägerin) wurde als Eigentümerin des Grundstücks im Grundbuch eingetragen. Die Finanzverwaltung wertete dies als ganz normalen erbschaftsteuerlichen Vorgang und wollte den Immobilienerwerb durch Vermächtnis der Erbschaftsteuer unterwerfen. Diese Auffassung bestätigte das erstinstanzliche Finanzgericht München in der oben bereits zitierten Entscheidung und urteilte, dass das Vermächtnis eines Miteigentumsanteils an einem inländischen Grundstück der beschränkten Erbschaftsteuerpflicht unterliegt. Dies sieht der Bundesfinanzhof erfreulicherweise allerdings anders:
Der Erbschaftsteuer unterliegt unter anderem der Erwerb von Todes wegen. Als Erwerb von Todes wegen gilt ausweislich des Erbschaftsteuergesetzes der Erwerb durch Erbanfall oder durch Vermächtnis. In Fällen, in denen keine unbeschränkte Steuerpflicht gegeben ist, tritt die beschränkte Steuerpflicht ein. Diese Steuerpflicht umfasst den Vermögensanfall, der in Inlandsvermögen besteht. Was Inlandsvermögen ist, ist abschließend in § 121 Bewertungsgesetz (BewG) bestimmt. In den dort genannten Fällen weist der Erwerbsvorgang Inlandsbezug beispielsweise dadurch auf, dass ein Gegenstand im Inland belegen ist. Es muss also insoweit eine sachliche Anknüpfung an das Inland gegeben sein. Zum Inlandsvermögen gehört dabei auch das inländische Grundvermögen.
Der Gegenstand des Vermögensanfalls durch Vermächtnis ist jedoch ein Sachleistungsanspruch. Vermacht wird insoweit ein Anspruch auf Übertragung des Eigentums an dem inländischen Grundstück, nicht jedoch das Grundstück selbst. Bei diesem Anspruch handelt es sich weder um inländisches Grundvermögen im Sinne des § 121 Nummer 2 BewG noch ist der Anspruch einer der anderen in § 121 BewG abschließend aufgezählten Kategorien zuzuordnen.
Wendet daher ein im Ausland lebender Erblasser einer ebenfalls im Ausland lebenden Person mittels Vermächtnisses inländischen Grundbesitz zu, muss der ausländische Begünstigte hierauf keine Erbschaftsteuer bezahlen. Aufgrund des ausländischen Wohnsitzes des Vermächtnisnehmers ist dieser nur im beschränkten Umfang steuerpflichtig. Erbschaftsteuer zahlt er daher nur für den Eigentumserwerb an bestimmten in § 121 BewG definierten Vermögenswerten. Insoweit besteht eine Gesetzeslücke und es fällt keine Erbschaftsteuer an.
Zur genauen und sehr zu empfehlenden Subsumtion der Entscheidung wird auf die Urteilsgründe des Bundesfinanzhofs verwiesen.
Solange diese Gesetzeslücke besteht, kann in der Praxis inländisches Immobilienvermögen durch ausländische Vermächtniseinsetzung vollkommen legal steuerfrei vererbt werden.
Anders verhält es sich allerdings, wenn der ausländische Erbe im Rahmen der gesetzlichen Erbfolge inländischen Grundbesitz erhält. Dann ist kein Vermächtnis gegeben und das Eigentum an dem inländischen Grundbesitz geht direkt mit dem Tod des ausländischen Erblassers auf den ausländischen Erben über. In diesem Fall ist die beschränkte Erbschaftsteuerpflicht gegeben und es fällt deutsche Erbschaftsteuer an. Lediglich das Vermächtnis an einem inländischen Grundstück unterliegt nicht der beschränkten Erbschaftsteuerpflicht.