Wer künstlerisch tätig ist, erzielt Einkünfte aus selbstständiger Arbeit und kann sich die Gewerbesteuer sparen. In der Praxis ist daher die Abgrenzung zwischen den beiden Einkunftsarten selbständige Tätigkeit und Gewerbebetrieb und dementsprechend die Frage, ob eine künstlerische Tätigkeit vorliegt oder nicht, durchaus von Bedeutung.
Ausweislich des Gewerbesteuergesetzes unterliegt der Gewerbesteuer jeder stehende Gewerbebetrieb, soweit er im Inland betrieben wird. Unter Gewerbebetrieb ist dabei ein gewerbliches Unternehmen im Sinne des Einkommensteuergesetzes zu verstehen. Entsprechend der gesetzlichen Regelung in § 15 Abs. 2 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) ist ein Gewerbebetrieb eine selbstständige nachhaltige Betätigung, die mit der Absicht, Gewinn zu erzielen, unternommen wird und sich als Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr darstellt, wenn die Betätigung weder als Ausübung von Land- und Forstwirtschaft noch als Ausübung eines freien Berufs noch als eine andere selbstständige Arbeit anzusehen ist. Darüber hinaus darf sich bei der Tätigkeit nach der Rechtsprechung nicht um die private Vermögensverwaltung handeln, wie der Bundesfinanzhof bereits in einer Entscheidung vom 16.9.2015 unter dem Aktenzeichen X R 43/12 herausgearbeitet hat.
Demgegenüber gilt es nun die Definition der selbstständigen Einkünfte zu betrachten. Geregelt ist diese in § 18 Abs. 1 Satz 1 EStG. Zu den Einkünften aus selbstständiger Arbeit zählen danach die Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit. Zu der freiberuflichen Tätigkeit gehört unter anderem die selbstständig ausgeübte künstlerische Tätigkeit. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs übt ein Steuerpflichtiger eine künstlerische Tätigkeit in diesem Sinne aus, wenn er eine eigene schöpferische Leistung vollbringt, in der seine individuelle Anschauungsweise und Gestaltungskraft zum Ausdruck kommt und die über eine hinreichende Beherrschung der Technik hinaus grundsätzlich eine gewisse künstlerische Gestaltungshöhe erreicht. Künstlerisch ist daher nur eine selbstständige, eigene schöpferische Arbeit, die dem Werk eine über die Darstellung der Wirklichkeit hinausgehende Aussagekraft verleiht.
Das Bundesverfassungsgericht sieht das Wesentliche der künstlerischen Betätigung in der freien schöpferischen Gestaltung, in der Eindrücke, Erfahrungen und Erlebnisse des Künstlers durch das Medium in einer bestimmten Formensprache zu unmittelbarer Anschauung gebracht werden. So eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes vom 24.2.1971 unter dem Aktenzeichen 1 BvR 435/68. Als künstlerische Tätigkeit anzusehen ist ein Ineinander von bewussten und unbewussten Vorgängen, die rational nicht aufzulösen sind. Beim künstlerischen Schaffen wirken Intuition, Fantasie und Kunstverstand zusammen. Es ist primär nicht Mitteilung, sondern Ausdruck, und zwar unmittelbarster Ausdruck der individuellen Persönlichkeit des Künstlers.
Der Bundesfinanzhof unterscheidet weiter zwischen einer künstlerischen Betätigung, deren Arbeitsergebnisse keinen Gebrauchszweck haben (er bezeichnet es als die zweckfreie Kunst) und der sogenannten Gebrauchskunst. Bei der zweckfreien Kunst kann auf die Feststellung einer ausreichenden künstlerischen Gestaltungshöhe verzichtet werden, wenn den Werken nach der allgemeinen Verkehrsauffassung das Prädikat des Künstlerischen nicht abgesprochen werden kann und die Arbeiten ausschließlich auf das Hervorbringen einer ästhetischen Wirkung gerichtet sind. Demgegenüber ist bei der zweckgebundenen Gebrauchskunst mit praktischem Nützlichkeitswert nach den Verhältnissen des Einzelfalls aufgrund besonderer Kriterien zu entscheiden, ob die Tätigkeit als eine künstlerische zu werten ist. Eine künstlerische Tätigkeit ist jedoch nicht gegeben, wenn sich der Steuerpflichtige an einzelne Angaben und Weisungen seines Auftraggebers zu halten hat und ihm infolgedessen kein oder kein genügender Spielraum für eine eigene schöpferische Leistung bleibt. Ist das Werk nicht um seiner selbst willen geschaffen, sondern wird lediglich die Möglichkeit ohne eigene künstlerische Aussage kopiert, so fehlt es an der kunsteigentümlichen Gestaltungshöhe, so der Bundesfinanzhof.
Vor diesem Hintergrund kommt das Finanzgericht Düsseldorf in seiner Entscheidung vom 21.3.2023 unter dem Aktenzeichen 10 K 306/17 G zu dem Schluss, dass der selbstständige Moderator einer als Doku-Entertainment Format ausgestalteten TV-Sendung, in der er, ohne eine erkennbare schauspielerische Leistung zu erbringen, sich selbst als Person mit den ihn prägenden Charaktereigenschaften darstellt, mangels einer darin liegenden über die Darstellung der Wirklichkeit hinausgehenden eigenschöpferischen Leistung keine künstlerische Tätigkeit ausübt. Mit anderen Wochen: Es fällt Gewerbesteuer an.
Das letzte Wort ist hier noch nicht gesprochen, da die Frage zum Bundesfinanzhof nach München geht. Dieser hat nun unter dem Aktenzeichen VIII R 10/23 darüber zu urteilen, ob im vorliegenden Einzelfall eine künstlerische Leistung (noch) gegeben ist.
Zugegeben ist der konkrete Sachverhalt des Streitfalls durchaus speziell, jedoch sind die grundsätzlichen Absetzungskriterien zwischen einer künstlerischen und damit selbstständigen Leistung und einem Gewerbebetrieb auch für eine Vielzahl anderer Fälle von Bedeutung. Betroffene können sich daher durchaus die Grundsätze der ersten Instanz und des folgenden Urteils der obersten Rechtsprechung zu Gemüte führen.