Ausweislich der Regelung in § 9 Abs. 1 Satz 3 Nummer 5 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) sind notwendige Mehraufwendungen, die einem Arbeitnehmer wegen einer beruflichen veranlassten doppelten Haushaltsführung entstehen, Werbungskosten. Eine solche doppelte Haushaltsführung liegt jedoch nur vor, wenn der Arbeitnehmer außerhalb des Ortes seiner ersten Tätigkeitsstätte einen eigenen Hausstand unterhält und auch am Ort der Tätigkeitsstätte wohnt. Seit dem Veranlagungszeitraum 2014 gelten weitere Voraussetzungen. So setzt das Vorliegen eines eigenen Haushalts außerhalb des Orts der ersten Tätigkeitsstätte das „Innehaben einer Wohnung“ und eine „finanzielle Beteiligung an den Kosten der Lebensführung“ des Haupthaushaltes voraus.
Das Tatbestandsmerkmal „Innehaben einer Wohnung“ bewirkt keine substanzielle verschärfende Wirkung gegenüber der alten Rechtslage. Erforderlich ist insoweit, dass der Arbeitnehmer die Wohnung aus eigenem Recht nutzt. Dies kann etwa Eigentum, Miete oder eine sonstige Nutzungsregelung sein. Entgeltliche, fremdüblichen Nutzungsverhältnisse werden hingegen nicht gefordert. Ausreichend sind insoweit bereits abgeleitete Nutzungsbefugnisse.
Ein wesentliches Mitbestimmen der Haushaltsführung ist bei Arbeitnehmern, die wirtschaftlich selbstständig und berufstätig sind, zu unterstellen. Die Rechtsprechung spricht hier von der sogenannten Regelvermutung. Neben einer nicht zwingenden Beteiligung an den Wohnungs- und Hauskosten ist auch eine alleinige Beteiligung an den übrigen Lebensführungskosten ausreichend.
Unter diesen Lebensführungskosten im Sinne der Regelung zur doppelten Haushaltsführung sind nur diejenigen Aufwendungen zur Gestaltung des privaten Lebens zu verstehen, die einen Haushaltsbezug aufweisen. Im Wesentlichen werden dies Miet- und Hauskosten, Verbrauchs- und sonstige Nebenkosten, Aufwendungen für die Anschaffung und Reparatur von Haushaltsgeräten und Haushaltsgegenständen, Kosten für Lebensmittel oder Kosten für Telekommunikation sein.
Mangels eines Haushaltsbezugs zählen Kosten für Urlaub, Pkw, Freizeitgestaltung, Gesundheitsförderung sowie Kleidung und ähnliches nicht hierzu.
Insgesamt hat der Arbeitnehmer in jedem Jahr diese Kosten der Lebensführung beim Finanzamt darzulegen. Ihn trifft insoweit zwar grundsätzlich die Darlegungs- und Beweislast. Wegen einer im Regelfall jedoch anzunehmenden Unzumutbarkeit ist aber regelmäßig auch eine Schätzung möglich. Es ist insoweit nicht zu beanstanden, wenn eine solche Schätzung der Lebensführungskosten des Haupthaushaltes anhand der jährlichen Angaben des Statistischen Bundesamtes für den jeweiligen Haushaltstypus erfolgt.
Die finanzielle Beteiligung selbst an den Lebensführungskosten des Haupthaushaltes kann in direkter Form, also beispielsweise bar oder unbar, aber auch indirekt (etwa durch Anschaffung von Haushaltsgegenständen, Tragen von Reparatur- oder Renovierungskosten bzw. der Beteiligung an den Erwerbs- oder Baukosten) erfolgen. Lediglich ideelle Beiträge oder Dienstleistungen, wie beispielsweise die Übernahme von Arbeiten rund ums Haus, die Mithilfe beim Umbau oder bei Renovierungen und ähnliches fallen nicht unter den Begriff der „finanziellen Beteiligung“.
Eine regelmäßige Beteiligung an den laufenden Wohnungs- und Verbrauchskosten fordert die gesetzliche Regelung hingegen nicht, da weder der Gesetzeswortlaut noch die Gesetzesmaterialien hierauf hindeuten. Dementsprechend stellt das Finanzgericht aus Niedersachsen in seiner Entscheidung vom 18.9.2019 unter dem Aktenzeichen 9 K 209/18 klar, dass auch unregelmäßige Zahlungen oder nur Einmalzahlungen als finanzielle Beteiligung angesehen werden können.
Auch kommt es insoweit nicht auf den Zeitpunkt der Zahlung oder Zahlungen an. Diese Zahlungen können Anfang, Mitte oder Ende des Jahres getätigt werden. Auch am Ende des Jahres geleistete finanzielle Beiträge können ausreichend sein. Selbst eine Einbeziehung von Zahlungen außerhalb des Streitjahres hält das Niedersächsische Finanzgericht für denkbar, sofern die Zahlungen ihre wirtschaftliche Verursachung im jeweiligen Streitjahr haben. Dies kann beispielsweise durch Beteiligung an den Nebenkosten nach Vorlage der Nebenkostenabrechnung im Folgejahr der Fall sein. Ganz ausdrücklich haben die erstinstanzlichen Richter aus Niedersachsen festgelegt, dass das Abflussprinzip des § 11 Abs. 2 EStG hier nicht einschlägig ist.
Lediglich die finanzielle Beteiligung an den Lebensführungskosten des Haupthaushaltes darf nicht erkennbar unzureichend sein. Dies war aktuell streitgegenständlich in einem Sachverhalt des Bundesfinanzhofs unter dem Aktenzeichen VI R 39/19. Die erstinstanzlichen Richter aus Niedersachsen definieren insoweit das Erfordernis des Überschreitens einer Geringfügigkeitsgrenze von 10 % als sachgerecht.
Vor diesem Hintergrund hat daher auch der Bundesfinanzhof mit Entscheidung vom 12.1.2023 unter dem zuvor genannten Aktenzeichen Aufwendungen zum Werbungskostenabzug im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung zugelassen. Im Streitfall wohnte ein lediger Arbeitnehmer, der in der Woche in einer angemieteten Wohnung am Arbeitsort lebte, an den Wochenenden und in seiner übrigen Freizeit zusammen mit seinem Bruder und seinen Eltern in einem Mehrgenerationenhaushalt. Weil er sich an den haushaltsbezogenen Lebensführungskosten dieses Haushaltes mehr als nur unwesentlich beteiligte, konnte er die wöchentlichen Familienheimfahrten sowie die Mietaufwendungen für die Zweitwohnung am Beschäftigungsort als Kosten der doppelten Haushaltsführung steuermindernd ansetzen. Konkret war es dabei im Urteilsfall so, dass der Arbeitnehmer erst am Ende des Jahres, sprich im Dezember, eine Kostenbeteiligung für laufende Kosten und Erneuerungsmaßnahmen an seine Eltern überwies. Zudem konnte er nachweisen, dass er Ausgaben für Lebensmitteleinkäufe am Ort des Haupthausstandes getätigt hatte. Insoweit war eine ausreichende finanzielle Beteiligung gegeben und auch der Bundesfinanzhof sah es nicht als schädlich an, dass diese erst am Ende des Jahres stattfand.