Wer bei vorgenannter Überschrift meint, dass diese Aussage falsch ist, muss leider genau hinschauen. Tatsächlich hat der Bundesfinanzhof zwar mit Urteil vom 3.9.2015 unter dem Aktenzeichen VI R 18/14 für ein mit einer Betreuungspauschale abgegoltenes Notrufsystem, das innerhalb einer Wohnung im Rahmen des „Betreuten Wohnens“ Hilfeleistungen rund um die Uhr sicherstellte, die Steuerermäßigung für haushaltsnahe Dienstleistungen gewährt. Leider ging es in dem Urteilsfall jedoch nicht um ein klassisches Hausnotrufsystem, sondern um ein Notrufsystem innerhalb eines betreuten Wohnens und damit um einen Fall, bei dem auch die erforderliche Notfall-Soforthilfe mit übernommen wurde. Hier sieht die deutsche Steuerrechtsprechung eine entscheidende Abgrenzung.
Für ein Notrufsystem, das im Notfall lediglich den Kontakt zu einer 24-Stunden-Servicezentrale herstellt, die (soweit erforderlich) Dritte verständigt, kann die Steuerermäßigung nämlich nicht in Anspruch genommen werden. So leider eine aktuelle Entscheidung des Bundesfinanzhofs vom 15.2.2023 unter dem Aktenzeichen VI R 7/21.
Im Folgenden daher zur genauen Einordnung der Thematik: Entsprechend der gesetzlichen Regelung in § 35a Abs. 2 Satz 1 Alternative 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) ermäßigt sich die tarifliche Einkommensteuer, vermindert um die sonstigen Steuerermäßigungen, auf Antrag um 20%, höchstens 4.000 Euro, der Aufwendungen des Steuerpflichtigen für die Inanspruchnahme von haushaltsnahen Dienstleistungen. Entsprechend der Vorschrift muss die Dienstleistung in einem in der Europäischen Union oder dem Europäischen Wirtschaftsraum liegenden Haushalt des Steuerpflichtigen erbracht werden.
Der Begriff „haushaltsnahe Dienstleistung“ ist gesetzlich leider nicht näher bestimmt. Nach der bisherigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs müssen die Leistungen eine hinreichende Nähe zur Haushaltsführung aufweisen bzw. damit in einem Zusammenhang stehen. Dazu gehören hauswirtschaftliche Verrichtungen, die gewöhnlich durch Mitglieder des privaten Haushalts oder entsprechende Beschäftigte erledigt werden und in regelmäßigen Abständen anfallen. So bereits der Bundesfinanzhof in einer Entscheidung vom 13.7.2011 unter dem Aktenzeichen VI R 61/10.
Dabei kann nach dem räumlich-funktionalen Haushaltsbegriff auch die Inanspruchnahme von Diensten, die jenseits der Grundstücksgrenze auf fremdem, beispielsweise öffentlichem Grund geleistet werden, als haushaltsnahe Dienstleistung begünstigt sein. Es muss sich hierbei allerdings auch insoweit um Tätigkeiten handeln, die ansonsten üblicherweise von Familienmitgliedern erbracht und in unmittelbarem räumlichem Zusammenhang zum Haushalt durchgeführt werden und dem Haushalt dienen. Das Paradebeispiel hierzu ist die Schneeräumung oder Laubräumung des öffentlichen Bürgersteigs.
Nach dem eindeutigen Wortlaut in § 35a Abs. 4 Satz 1 EStG sind Leistungen, die außerhalb des Haushalts erbracht werden, nicht begünstigt, auch wenn sie für den Haushalts erbracht werden. Insoweit kommt es auf die tatsächliche Erbringung der Leistung an.
Ob der Leistungserfolg im Haushalt erzielt wird, ist daher grundsätzlich unerheblich. Auf den zivilrechtlichen Leistungsort kommt es insoweit deshalb ebenfalls nicht an. Ein bloßes Abstellen auf den Leistungserfolg würde zu einer rein funktionalen Betrachtungsweise führen, die vom Wortlaut des Gesetzes nicht mehr gedeckt ist und auch nicht dem räumlich-funktionalen Verständnis des Bundesfinanzhofs entspricht. Die räumlich-funktionale Verbindung zum Haushalt kann nicht allein dadurch begründet werden, dass sich die Leistung auf einen Haushaltsgegenstand bezieht.
Auf Basis dieser Grundsätze hat der Bundesfinanzhof aktuell entschieden, dass die Aufwendungen für ein Hausnotrufsystem nicht für eine Steuerermäßigung nach § 35a EStG in Betracht kommen. Zwar liegt den Aufwendungen für das Hausnotrufsystem eine haushaltsnahe Dienstleistung zugrunde. Grundsätzlich wird durch das Hausnotrufsystem sichergestellt, dass der Steuerpflichtige, wenn er sich im räumlichen Bereich seines Haushalts aufhält, im Bedarfsfall Hilfe rufen kann. Eine solche Rufbereitschaft leisten typischerweise in einer Haushaltsgemeinschaft zusammenlebende Familien- oder sonstige Haushaltsangehörige. Insoweit war der Fall nicht strittig.
Tatsächlich liegen jedoch keine Leistungen vor, die im Haushalt des Steuerpflichtigen erbracht werden. Vorliegend zahlte der Kläger nicht nur für die Bereitstellung der erforderlichen Technik, mittels der der Kontakt zu der Einsatzzentrale ausgelöst wird, sondern im Wesentlichen für das Bereithalten des Personals und für die Entgegennahme eines eventuellen Notrufs und anschließender Kontaktierung von Angehörigen, Nachbarn, eines vorhandenen Bereitschaftsdienstes, des Hausarztes, Pflege- oder Rettungsdienstes. Die wesentliche Dienstleistung ist mithin die Bearbeitung von eingehenden Alarmen und die Verständigung von Bezugspersonen.
Insoweit hat nach Auffassung des Bundesfinanzhofs das Finanzamt zu Recht ausgeführt, dass diese maßgebende Dienstleistung nicht in der Wohnung des Steuerpflichtigen und damit nicht in dessen Haushalts erbracht wird. Bei einem reinen Hausnotrufsystem im privaten Haushalt wird auch keine unmittelbare direkte Hilfe in Form eines Sofort-Helfer-Einsatzes in der Wohnung des Steuerpflichtigen geschuldet, sondern gegebenenfalls als eigenständige Leistung Dritter vermittelt. Insoweit unterscheidet sich der Sachverhalt auch von dem des betreuten Wohnens. Dort hatten im Bereich des betreuten Wohnens beschäftigte Pfleger jeweils ein technisches Gerät bei sich, welches den Notruf sofort an sie weiterleitete. Geschuldet war dort entsprechend auch die Notfall-Soforthilfe im Haushalt durch das auf diese Weise verständigte Pflegepersonal.
Weil dies gerade beim typischen Hausnotrufsystem nicht der Fall ist, scheidet auch eine Steuerermäßigung nach Auffassung des Bundesfinanzhofes mangels Leistungserbringung im Haushalt des Steuerpflichtigen aus.