Sowohl die schenkweise Übertragung von Betriebsvermögen als auch die Übertragung von Todes wegen kann im Bereich der Erbschaft- und Schenkungsteuer begünstigt sein. Zunächst einmal ist dabei zu prüfen, ob überhaupt begünstigungsfähiges Betriebsvermögen vorliegt. Dies ist insbesondere Land- und forstwirtschaftliches Vermögen, Betriebsvermögen, Beteiligungen an Mitunternehmerschaften und Anteile an Kapitalgesellschaften, wenn die unmittelbare Beteiligung mehr als 25% am Nennkapital der Gesellschaft beträgt.
Liegt begünstigungsfähiges Betriebsvermögen vor, muss im nächsten Schritt ermittelt werden, ob dieses auch qualifiziert begünstigungsfähig ist. Dabei wird von dem sogenannten 90%-Test zur Verwaltungsvermögensquote gesprochen. Beträgt das Verwaltungsvermögen 90% oder mehr, erfolgt keine Begünstigung. Lediglich wenn das Verwaltungsvermögen weniger als 90% des Unternehmenswerts beträgt, kann überhaupt eine begünstigte Besteuerung greifen.
Bei Betriebsvermögen bis zu 26 Millionen Euro hat der Steuerpflichtige im Weiteren ein Wahlrecht. Bei der sogenannten Regelverschonung sind 85% steuerfrei, bei der sogenannten Optionsverschonung sogar 100%, jedoch muss unter weiteren Voraussetzungen auch geprüft werden, ob das sogenannte erlaubte Verwaltungsvermögen lediglich bis zu 20% beträgt.
Zum Verwaltungsvermögen gehört unter anderem der nach Abzug des gemeinen Werts der Schulden verbleibende Bestand an Zahlungsmitteln, Geschäftsguthaben, Geldforderungen und anderen Forderungen, soweit er 20% des anzusetzenden Werts des Betriebsvermögens des Betriebs oder der Gesellschaft übersteigt.
Die Auslegung des Begriffs der „anderen Forderungen“ im Sinne dieser Vorschrift ist dabei bisher sehr umstritten. In Teilen des Schrifttums werden darunter dem Grunde nach sämtliche Sachleistungsansprüche verstanden, die jedoch teleologisch reduziert werden auf solche, die bei Erfüllung wiederum Verwaltungsvermögen begründen. Demgegenüber wird jedoch auch vertreten, dass der Gesetzgeber geldbezogen ausgestaltet habe und daher mit „anderen Forderungen“ sonstige auf Geld gerichtete Forderung gemeint hat. Nicht einzubeziehen seien deswegen Sachleistungsansprüche, wie seinerzeit bereits auch das Finanzgericht Rheinland-Pfalz in seiner Entscheidung vom 25.10.2017 unter dem Aktenzeichen 2 K 2201/15 entschieden hat.
Mit Urteil vom 1.2.2023 hat der Bundesfinanzhof diese Streitfrage unter dem Aktenzeichen II R 36/20 entschieden. Nach Auffassung des erkennenden Senates sind mit „anderen Forderungen“ im Sinne der Vorschrift des § 13b Abs. 2 Satz 2 Nummer 4 a des Erbschaftsteuergesetzes (ErbStG) in erster Linie Forderungen gemeint, die auf Zahlungsmittel gerichtet sind. Die Vorschrift erfasst insoweit Sachleistungsansprüche jedenfalls dann nicht, wenn diese Ansprüche auf Wirtschaftsgüter gerichtet sind, die ihrerseits, wären sie bereits zum Stichtag aktiviert, kein Verwaltungsvermögen wären.
Anzumerken ist an dieser Stelle noch, dass der Bundesfinanzhof die Entscheidung zu einer bereits vergangenen Rechtslage getroffen hat. Da die Problematik jedoch auch in der aktuellen Rechtslage durchaus gegeben ist, besteht aus unserer Sicht kein Grund, dass diese Auffassung nicht auch auf die neue Rechtslage anzuwenden ist.
Weiterhin hat sich der Bundesfinanzhof auch zu den geleisteten Anzahlungen geäußert. Die als „geleistete Anzahlung“ bilanzierten Aktivwerte sind insoweit keine „anderen Forderungen“ und können diesen auch nicht gleichgestellt werden.
Hinter der Aktivierung der geleisteten Anzahlung verbirgt sich zwar der Anspruch auf die Gegenleistung oder bei Nichterfüllung durch den anderen Vertragsteil der Anspruch auf Rückzahlung. Das bedeutet jedoch gerade nicht, dass die geleisteten Anzahlungen selbst eine Forderung sind. Die Bilanzposition „geleistete Anzahlungen“ bezweckt vielmehr, die hinter ihr stehenden Ansprüche nicht zu bilanzieren, weswegen sie nicht mit diesen Ansprüchen gleichgesetzt werden dürfen. Schon deshalb erübrigt sich eine Differenzierung zwischen Abschlags- und Vorauszahlungen im Hinblick auf die vermeintlich durch die betreffende Aktivierung repräsentierten Forderungen.
Selbst wenn man auf die hinter der Bilanzpositionen stehenden zivilrechtlichen Ansprüche abstellt und insoweit das Bilanzierungsverbot im vorliegenden Zusammenhang für unbeachtlich halten wollte, gilt im Ergebnis nichts anderes. Zwar ersetzen geleistete Anzahlungen die Bilanzierung sowohl des Gegenleistungsanspruchs als auch des etwaigen Rückzahlungsanspruchs. In einem schwebenden Vertragsverhältnis ist aber der Gegenleistungsanspruch vorrangig. Dieser zählt wiederum zu den Sachleistungsansprüchen, die entsprechend den obigen Ausführungen zu den geleisteten Anzahlungen grundsätzlich nicht zum Verwaltungsvermögen gehören.
Der Rückzahlungsanspruch setzt hingegen das Hinzutreten eines zusätzlichen Ereignisses voraus, aufgrund dessen das Vertragsverhältnis abgewickelt und die geleistete Anzahlung durch die Aktivierung einer Forderung auf Rückgewähr oder Schadensersatz ersetzt werden muss. Allein die abstrakte Möglichkeit aber, dass es zu solchen Ereignissen kommen könnte, rechtfertigt es nicht, bereits die Bilanzposition „geleistete Anzahlung“ als Zahlungsanspruch zu verstehen.
Nach diesen Grundsätzen hat das erstinstanzliche Finanzgericht durch Hinzufügung auch weiterer Argumente seitens des Bundesfinanzhofs im Ergebnis zutreffend entschieden, dass die „geleisteten Anzahlungen“ zu Unrecht als Verwaltungsvermögen berücksichtigt wurden. Es ist nach den Feststellungen nicht ersichtlich, dass die geleisteten Anzahlungen sich bereits in einen Rückgewähr- oder Schadensersatzanspruch verwandelt hätten.
Ob im Ergebnis etwas anderes gelten würde, wenn die Anzahlung für den Erwerb von Gegenständen des Verwaltungsvermögens erbracht worden wären, brauchte vorliegend nicht entschieden zu werden, da die Anzahlung hier nach den Feststellungen des Finanzgerichtes im Zusammenhang mit der Errichtung eines Verwaltungsgebäudes und im Zusammenhang mit der laufenden Geschäftstätigkeit des Steuerpflichtigen ersichtlich nicht auf den Erwerb von Verwaltungsvermögen gerichtet war.