Entsprechend der gesetzlichen Regelung in § 4 Nummer 12 a des Umsatzsteuergesetzes (UStG) ist die Vermietung und die Verpachtung von Grundstücken von der Umsatzsteuer befreit. Dies ist die Grundregel.
Ausweislich § 4 Nummer 12 Satz 2 UStG ist hingegen die Vermietung und die Verpachtung von Maschinen und sonstigen Vorrichtungen aller Art, die zu einer Betriebsanlage gehören (man spricht von sogenannten Betriebsvorrichtungen) auch dann nicht von der Umsatzsteuer befreit, wenn es sich um wesentliche Bestandteile des Grundstücks handelt.
Auf Basis dieser nationalen Gesetzesvorschriften hatte nun das Niedersächsische Finanzgericht zu entscheiden, ob die Vermietung von Grundstück inklusive Betriebsvorrichtungen in einen steuerfreien und steuerpflichtigen Teil aufgeteilt werden muss oder ob es sich um Hauptleistungen und Nebenleistungen handelt. Wenn man nämlich in der Vermietung des Grundstücks die Hauptleistung sieht und in der einheitlich damit stattfindenden Vermietung der Betriebsvorrichtungen die Nebenleistungen erkennt, dann teilt die Nebenleistung das umsatzsteuerrechtliche Schicksal der Hauptleistung. Soll heißen: Die Umsatzsteuerbefreiung für die Vermietung des Grundstücks als Hauptleistung kann ebenso für die davon nicht zu trennende Vermietung der Betriebsvorrichtungen angewendet werden.
Zu diesem Schluss kam auch das Niedersächsische Finanzgericht in seiner Entscheidung vom 11.6.2020 unter dem Aktenzeichen 11 K 24/19 und entschied, dass die Umsatzsteuerpflicht der Vermietung und Verpachtung von Betriebsvorrichtungen nicht gilt, wenn Einrichtungsgegenstände mit verpachtet werden, die für den bestimmungsgemäßen Gebrauch der jeweiligen Immobilie erforderlich sind und diese erst betriebs- und benutzungsfähig machen.
Insoweit kommt es also auf den individuellen Einzelfall an, ob eine einheitliche Leistung oder zwei unterschiedliche Leistungen gegeben sind. Für die darauffolgende Frage, unter welchen Bedingungen mehrere zusammenhängenden Leistungen als eine Gesamtleistung zu behandeln sind, gelten nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes mit Urteil vom 11.6.2009 unter dem Aktenzeichen Rs. C-572/07 folgende Grundsätze (vorab sei jedoch noch erwähnt, dass sich der Bundesfinanzhof dieser Rechtsprechung mit Urteil vom 25.6.2009 unter dem Aktenzeichen V R 24/07 angeschlossen hat):
Insgesamt gilt also: Jeder Umsatz ist in der Regel als eigenständige, selbstständige Leistung zu betrachten. Allerdings darf eine wirtschaftlich einheitliche Dienstleistung im Interesse eines funktionierenden Mehrwertsteuersystems nicht künstlich aufgespalten werden. Deshalb sind die charakteristischen Merkmale des fraglichen Umsatzes zu ermitteln, um festzustellen, ob der Unternehmer dem Leistungsempfänger mehrere selbstständige Leistungen oder eine einheitliche Leistung erbringt, wobei auf die Sicht des Durchschnittsverbrauchers abzustellen ist.
Eine einheitliche Leistung liegt danach insbesondere dann vor, wenn ein oder mehrere Teile die Hauptleistung, ein oder mehrere andere Teile dagegen Nebenleistung sind, die das steuerrechtliche Schicksal der Hauptleistung teilen. Eine Leistung ist als Nebenleistung zu einer Hauptleistung anzusehen, wenn sie für den Leistungsempfänger keinen eigenen Zweck erfüllt, sondern das Mittel darstellt, um die Hauptleistung des Leistenden unter optimalen Bedingungen in Anspruch zu nehmen.
Das gleiche gilt, wenn der Unternehmer für den Leistungsempfänger zwei oder mehr Handlungen vornimmt oder Elemente liefert, die so eng miteinander verbunden sind, dass sie objektiv eine einzige untrennbare wirtschaftliche Leistung bilden, deren Aufspaltung wirklichkeitsfremd wäre.
Eine gesonderte Entgeltvereinbarung kann beispielsweise ein Indiz für das Vorliegen selbstständiger Leistungen sein. Eine entscheidende Bedeutung kommt der gesonderten Rechnungsstellung und eigenständigen Bildung des Leistungspreises für das Vorliegen selbstständiger Leistungen hingegen nicht zu. Auch, dass für Mieter oder Pächter gegebenenfalls die Möglichkeit besteht, Inventar von Dritten zu mieten oder zu pachten, spricht nicht entscheidend gegen eine einheitliche Leistung.
Bildet hingegen ein zur Miete angebotenes Gebäude mit begleitenden Leistungen in wirtschaftlicher Hinsicht objektiv eine Gesamtheit, kann davon ausgegangen werden, dass diese Leistungen mit der Vermietung eine einheitliche Leistung bilden.
Nach diesen Grundsätzen handelt es sich im Streitfall bei der Überlassung der Betriebsvorrichtungen um eine Nebenleistung zur steuerfreien Verpachtung. Die mit verpachteten Betriebsvorrichtungen bestanden insoweit in speziell abgestimmten Ausstattungselementen, die dazu dienten, die vertragsgemäße Nutzung der Immobilie (vorliegend ein Putenstall) unter optimalen Bedingungen in Anspruch zu nehmen. Folglich gewährte seinerzeit das erstinstanzliche Niedersächsische Finanzgericht die Umsatzsteuerbefreiung auch für die Überlassung der Betriebsvorrichtungen.
Damit war jedoch die Finanzverwaltung offensichtlich nicht zufrieden und hat Revision beim Bundesfinanzhof eingelegt. Dieser hat die Frage mit Beschluss vom 26.5.2021 unter dem Aktenzeichen V R 22/20 schließlich dem Europäischen Gerichtshof vorgelegt. Konkret stellte er seinen europarechtlichen Kollegen folgende Frage: Erfasst die Steuerpflicht der Vermietung von auf Dauer eingebauten Vorrichtungen und Maschinen nur die isolierte (eigenständige) Vermietung derartiger Vorrichtungen und Maschinen oder auch die Vermietung und Verpachtung derartiger Vorrichtungen und Maschinen, die aufgrund einer zwischen denselben Parteien erfolgenden Gebäudeverpachtung (und als Nebenleistung zu dieser) steuerfrei ist?
Zum europarechtlichen Hintergrund muss dabei gesagt werden, dass die Regelung in Art. 135 Abs. 1 Buchstabe l der Mehrwertsteuersystemrichtlinie ebenfalls bestimmt, dass die Mitgliedstaaten die Vermietung und Verpachtung von der Steuer befreien dürfen. Gemäß Art. 135 Abs. 2 Buchstabe c der Mehrwertsteuersystemrichtlinie ist die Vermietung von auf Dauer eingebauten Vorrichtungen und Maschinen davon jedoch ausgeschlossen. Insoweit sind die nationalen Vorschriften in der Bundesrepublik identisch.
Der Europäische Gerichtshof kommt jedoch ebenso zu dem Schluss, dass die Versagung der Steuerfreiheit auf die Vermietung von auf Dauer eingebauten Vorrichtungen und Maschinen keine Anwendung findet, wenn diese Vermietung eine Nebenleistung zu einer Hauptleistung der Verpachtung eines Gebäudes ist, die im Rahmen eines zwischen denselben Parteien geschlossenen steuerbefreiten Pachtvertrages erbracht wird, und diese Leistungen eine wirtschaftliche einheitliche Leistung bilden.
Insoweit hat der Europäische Gerichtshof die Auffassung des erstinstanzlichen Finanzgerichtes bestätigt. Ob tatsächlich jedoch einheitliche Leistungen vorliegen, ist vom Einzelfall abhängig. Insoweit weist der Europäische Gerichtshof ganz ausdrücklich darauf hin: Es ist ebenfalls Sache des nationalen Gerichtes, zu bestimmen, ob es sich bei den Leistungen, die eine solche wirtschaftliche einheitliche Leistung bilden, um eine Hauptleistung oder eine Nebenleistung handelt. Für die Praxis ist daher entscheidend, dass man das erkennende erstinstanzliche Finanzgericht davon überzeugen kann, dass eine einheitliche Leistung gegeben ist.