In einem aktuellen Verfahren vor dem Bundesfinanzhof muss dieser klären, ob eine Gesellschaft noch in den Genuss der erweiterten Gewerbesteuerkürzung gelangen kann, wenn sie für einen Tag im Jahr lediglich noch zinslose Bankguthaben, also keinerlei andere (schädliche) Tätigkeiten ausführt.
Das Finanzgericht Münster hatte hier in seinem Urteil vom 27.10.2022 unter dem Aktenzeichen 10 K 3572/18 G eine positive Entscheidung getroffen. Auch wenn das letzte Wort noch der Bundesfinanzhof unter dem Aktenzeichen III R 1/23 haben wird, ist die Entscheidung aus Münster durchaus lesenswert, da sie einige Grundlagen allgemein erläutert. Insoweit soll im Weiteren auf die wichtigsten Punkte eingegangen werden:
Entsprechend der Vorschrift in § 9 Nummer 1 Satz 1 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) wird die Summe des Gewinns um 1,2 % des Einheitswertes des zum Betriebsvermögen des Unternehmens gehörenden und nicht von der Grundsteuer befreiten Grundbesitzes gekürzt. Man spricht dabei von der sogenannten einfachen Kürzung. Nach Satz 2 der vorgenannten Vorschrift tritt an die Stelle der einfachen Kürzung auf Antrag bei Unternehmen, die ausschließlich eigenen Grundbesitz oder neben eigenem Grundbesitz eigenes Kapitalvermögen verwalten und nutzen oder daneben Wohnungsbauten betreuen oder Einfamilienhäuser, Zweifamilienhäuser oder Eigentumswohnungen errichten und veräußern, die Kürzung um den Teil des Gewerbeertrages, der auf die Verwaltung und Nutzung des eigenen Grundbesitzes entfällt. Hierbei spricht man von der erweiterten Kürzung, deren weitere Einzelheiten in § 9 Nummer 1 Sätze 3 bis 6 GewStG geregelt sind.
Die erweiterte Kürzung setzt insoweit ebenso voraus, dass ein grundbesitzverwaltendes Unternehmen gegeben ist, also im Erhebungszeitraum eigener Grundbesitz verwaltet und genutzt wird. Nach der Rechtsprechung ist die Frage, ob ein Unternehmer den eigenen Grundbesitz verwaltet und nutzt, bedeutungsgleich mit der einkommensteuerrechtlichen Frage, ob noch eine vermögensverwaltende Tätigkeit und dementsprechend eben keine gewerbliche Tätigkeit gegeben ist.
Erforderlich ist demnach, dass der Unternehmer sich im Rahmen der Vermögensverwaltung bewegt und noch nicht gewerblich tätig ist. Die Frage der gewerblichen Tätigkeit richtet sich nach der Art der Tätigkeit. Dass eine Kapitalgesellschaft, wie beispielsweise eine GmbH, grundsätzlich Kraft Rechtsform als Gewerbebetrieb gilt, bleibt bei der vorgenannten Abgrenzung außer Betracht.
Unter der Verwaltung und Nutzung des eigenen Grundbesitzes im Sinne einer Vermögensverwaltung ist insbesondere dessen Vermietung und Verpachtung zu verstehen. Dass eine solche Vermietung und Verpachtung ein Großprojekt oder eine Gewerbeimmobilie trifft und etwa einen erheblichen Einsatz an Arbeitskraft oder Personal mit sich bringt, macht diese noch nicht zu einer gewerblichen Tätigkeit. Auch die Neubautätigkeit oder sonstige Bautätigkeit auf einem Grund und Boden mit der Absicht, das errichtete oder umgebaute Objekt in der Folge zu behalten und durch Vermietung und Verpachtung zu nutzen, stellt eine Vermögensverwaltung dar. Die Verwaltung und Nutzung des eigenen Grundbesitzes umfasst insoweit auch die Veräußerung des Grundbesitzes und den hieraus realisierten Gewinn. Das gilt allerdings nur, soweit sich die Veräußerung noch als gelegentliche Veräußerung im Rahmen der Vermögensverwaltung hält. Denn auch für die Anwendung der erweiterten Gewerbesteuerkürzung liegt keine Vermögensverwaltung mehr vor, sondern eine gewerbliche Tätigkeit, wenn die Grenzen zum sogenannten gewerblichen Grundstückshandel überschritten sind. Dies hatte bereits der Bundesfinanzhof in einem Beschluss vom 18.10.2007 unter dem Aktenzeichen I B 148/07 entschieden.
Vorliegend war ein gewerblicher Grundstückshandel nicht gegeben, jedoch sei an dieser Stelle ausdrücklich darauf hingewiesen, dass das Finanzgericht Münster die Grundsätze und die Voraussetzung für einen gewerblichen Grundstückshandel in der Urteilsbegründung sehr dezidiert und übersichtlich darlegt. Allein deswegen empfiehlt sich ein Studium der kompletten Urteilsbegründung. Vorliegend soll sich jedoch weiterhin mit der Frage der erweiterten Gewerbesteuerkürzung beschäftigt werden.
Für diese muss die betreffende Gesellschaft im Erhebungszeitraum ausschließlich ihren eigenen Grundbesitz oder neben dem eigenen Grundbesitz eigenes Kapitalvermögen verwaltet und genutzt haben. Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs etwa durch das Urteil vom 26.2.2014 unter dem Aktenzeichen I R 47/13 ist dabei der Begriff der Ausschließlichkeit gleichermaßen qualitativ, quantitativ wie auch zeitlich zu verstehen. Das bedeutet, dass der Unternehmer ausschließlich eigenen Grundbesitz verwalten und nutzen darf, dass die Verwaltung und Nutzung des eigenen Grundbesitzes die (abgesehen von zulässigen Nebentätigkeiten) ausschließliche Tätigkeit des Unternehmers sein darf und dass der Unternehmer nach einer etwaigen Beendigung der begünstigten Tätigkeit während des Erhebungszeitraums keine anderweitige Tätigkeit ausüben darf.
Insbesondere vor dem Hintergrund der zeitlichen Ausschließlichkeit führt daher das erstinstanzliche Finanzgericht Münster in seiner oben genannten Entscheidung aus, dass die erweiterte Gewerbesteuerkürzung nicht gewährt werden kann, wenn das letzte Grundstück vor Ablauf des Erhebungszeitraums veräußert wird und nachgehend nicht mehr ausschließlich Grundbesitz verwaltet wird.
Im vorliegenden Streitfall war es nun so, dass das letzte Objekt „ab Beginn des 31. Dezember“ auf den Käufer übergehen sollte. Insoweit stellte sich die Finanzverwaltung auf den Standpunkt, dass am besagten 31. Dezember nicht mehr ausschließlich eigener Grundbesitz verwaltet und genutzt wurde. Dieser sehr fiskalischen Auslegungsweise widersprach jedoch das Finanzgericht Münster, da es entschied: Wenn ausschließlich laut Grundstückskaufvertrag am 31. Dezember des Erhebungszeitraums das wirtschaftliche Eigentum am Grundstück auf den Erwerber übergeht und das grundbesitzverwaltende Unternehmen bis dahin lediglich noch über ertragslose Forderungen in Form von zwei zinslosen Bankguthaben verfügt hat, ist dies für die erweiterte Gewerbesteuerkürzung unschädlich.
Insoweit eine durchaus zu begrüßende Rechtsauffassung der Münsteraner Richter. Wie eingangs jedoch schon gesagt, wird das letzte Wort hier noch der Bundesfinanzhof haben. Folglich gilt es die Rechtsfrage zu klären, welche Anforderungen an eine Tätigkeit zu stellen sind, welche der Veräußerung des einzigen und letzten Grundstücks durch ein grundbesitzverwaltendes Unternehmen im Sinne der erweiterten Gewerbesteuerkürzung nachfolgt, damit dieses in zeitlicher Hinsicht nicht mehr ausschließlich eigenen Grundbesitz verwaltet und genutzt hat. Zudem gilt es zu klären, ob es sich dabei um eine für die Einkünfteerzielung und damit auch für die Gewerbesteuer relevante Tätigkeit handeln muss oder ob das bloße Innehaben von ertragslosen Forderungen schon genügt, damit die erweiterte Gewerbesteuerkürzung nicht mehr gewährt werden kann.
Auch wenn die Entscheidung des Bundesfinanzhofs vollkommen offen ist, sei erwähnt, dass zumindest das Finanzgericht Berlin-Brandenburg in einer Entscheidung vom 5.5.2015 unter dem Aktenzeichen 6 K 6359/12 die Auffassung vertreten hat, dass nur solche Tätigkeiten im vorgenannten Sinne schädlich sein können, welche nach einkommensteuerrechtlichen Wertungen zu steuerbaren Einkünften führen würden. Das bloße Innehaben von verzinslichen Forderungen und deren Einziehung, bei der eine Erzielung von Erträgen ausgeschlossen ist, könne nicht als schädliche Verwaltung und Nutzung von eigenem Vermögen angesehen werden. Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit werden wir das abschließende Urteil des Bundesfinanzhofs abermals thematisieren, da die Frage in der Praxis eine enorme Bedeutung hat.