8. Für GmbH-Gesellschafter: Vorzeitige Ablösung einer Pensionszusage als verdeckte Gewinnausschüttung?

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Vor dem Bundesfinanzhof muss dieser unter dem Aktenzeichen VIII R 17/23 klären, ob die vorzeitige Ablösung einer rückgedeckten Pensionszusage gegenüber einem beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer zu einer verdeckten Gewinnausschüttung führt, wenn die Ablösung aufgrund einer Krise der GmbH vereinbart wird und insoweit eine betriebliche Veranlassung besteht.

Das erstinstanzliche Finanzgericht Münster hat in seiner Entscheidung vom 26.5.2023 unter dem Aktenzeichen 4 K 3618/18 E insoweit eine verdeckte Gewinnausschüttung verneint.

Gemäß § 20 Abs. 1 Nummer 1 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) gehören zu den Einkünften aus Kapitalvermögen als sonstige Bezüge aus Anteilen an einer GmbH auch verdeckte Gewinnausschüttungen. Eine verdeckte Gewinnausschüttung im Sinne dieser Vorschrift liegt vor, wenn eine Kapitalgesellschaft ihren Gesellschaftern außerhalb der gesellschaftsrechtlichen Gewinnverteilung einen Vorteil zuwendet und die Zuwendung ihren Anlass im Gesellschaftsverhältnis hat. Eine gesellschaftliche Veranlassung ist gegeben, wenn ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsführer diesen Vorteil unter sonst gleichen Umständen einem Nichtgesellschafter nicht zugewendet hätte.

Der Maßstab der Sorgfalt des ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsführers ist nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs nicht für alle Fälle als Beurteilungsmaßstab geeignet. Er ist dadurch gekennzeichnet, dass der gebotene Fremdvergleich nur aus der Sicht der Kapitalgesellschaft gesehen wird. Der ordentliche und gewissenhafte Geschäftsführer wird grundsätzlich jeder Vereinbarung zustimmen, die für die Kapitalgesellschaft vorteilhaft ist. Der Fremdvergleich erfordert jedoch auch die Einbeziehung des Vertragspartners. Auch wenn ein Dritter einer für die Gesellschaft vorteilhaften Vereinbarung nicht zugestimmt hätte, kann deren Veranlassung im Gesellschaftsverhältnis liegen. So gesehen ist der Maßstab des Handels eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsführers nur ein Teilaspekt des Fremdvergleichs.

Für den hier zu entscheidenden Rechtsstreit sind nach Auffassung des erstinstanzlichen Gerichts im Wesentlichen zwei Entscheidung des Bundesfinanzhofs zu beachten, die vor dem Hintergrund der abstrakten Rechtsgrundsätze zu der Frage ergangen sind, ob verdeckte Gewinnausschüttungen im Zusammenhang mit Pensionszusagen vorliegen.

Einmal geht es insoweit um die Entscheidung des Bundesfinanzhofs vom 11.9.2013 unter dem Aktenzeichen I R 28/13. Das Urteil betraf einen Sachverhalt, in dem einem beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer eine Pensionszusage gewährt worden war. Diese ursprüngliche Pensionszusage enthielt keine Abmachung über eine Kapitalabfindung. Vielmehr war die versprochene Pension erst bei bzw. nach Eintritt aufschiebender und auflösender Bedingungen nach Maßgabe entsprechender Pro-Rata-Zahlungen fällig. Im weiteren Verlauf beabsichtigte der beherrschende Gesellschafter-Geschäftsführer, seine Anteile an seinen Sohn zu übertragen. Um seinem Sohn eine von den Pensionsansprüchen unbelastete Gesellschaft übergeben zu können, verzichtete er auf seinen Pensionsanspruch gegenüber der Gesellschaft. Im Gegenzug erhielt er eine Abfindung.

Der I. Senat des Bundesfinanzhofes entschied, dass die vereinbarte und gezahlte Abfindung eine verdeckte Gewinnausschüttung ist. Nach den Entscheidungsgründen fehlte es – unter den Gegebenheiten des Streitfalls – jedenfalls an einer erforderlichen klaren und eindeutigen Abmachung über die Kapitalabfindung. Ausschlaggebend war, dass auch der Anspruch auf den bereits erdienten Anteil der Pensionszusage dem beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer aufgrund der ursprünglichen Pensionszusage nicht zustand, sondern ausweislich der Bedingungen der Zusage von weiteren unabdingbaren Umständen abhing, deren (Nicht-)Eintritt in diesem Zeitpunkt weder absehbar noch verlässlich prognostizierbar war.

Jedenfalls in Anbetracht der Besonderheiten des dortigen Streitfalles reichte es für den I. Senat des Bundesfinanzhofes nicht aus, dass sich die Beteiligten „ad hoc” kurz vor der beabsichtigten Abfindung der Pensionszusage auf einen Nachtrag verständigt haben, durch die die aufschiebenden und auflösenden Bedingungen aus der ursprünglichen Pensionszusage – gegen eine „Generalquittung” – aufgehoben wurden.

Mit dem Urteil des Bundesfinanzhofs vom 2.3.2013 unter dem Aktenzeichen I R 60/12 wurde weiterhin entschieden, dass es aus steuerrechtlicher Sicht nicht zu beanstanden ist, wenn eine Pensionszusage nicht von dem Ausscheiden des Begünstigten aus dem Dienstverhältnis als Geschäftsführer mit Eintritt des Versorgungsfalls abhängig gemacht wird. In einem solchen Fall würde ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsführer zur Vermeidung einer verdeckten Gewinnausschüttung allerdings verlangen, dass das Einkommen aus der fortbestehenden Tätigkeit als Geschäftsführer auf die Versorgungsleistung angerechnet wird, oder aber den vereinbarten Eintritt der Versorgungsfälligkeit aufschieben, bis der Begünstigte entgeltlich seine Geschäftsführerfunktion beendet hat.

In diesem Zusammenhang hebt der Bundesfinanz hervor, dass der eigentliche Zweck der betrieblichen Altersversorgung für die Zeit der Weiterarbeit verfehlt wird, wenn eine laufende Altersrente geleistet wird und zugleich das Arbeitsverhältnis in der bisherigen Weise gegen laufendes Gehalt fortgesetzt wird.

In der Literatur wird zur Ablösung einer Pensionsverpflichtung durch eine Abfindung die Auffassung vertreten, dass die Vereinbarung einer Abfindung kurz vor dem Abrechnungszeitraum möglich sein soll, wenn es einen wirtschaftlichen Grund für die Notwendigkeit einer Abfindung gibt. Danach ist das Urteil des Bundesfinanzhofs vom 11.9.2013 unter dem Aktenzeichen I R 28/13 nicht so zu verstehen, dass der Bundesfinanzhof eine betriebliche Veranlassung von Abfindungszahlungen generell verneint.

Weiter ist zu beachten, dass die Zusage einer Pensionsverpflichtung nach der Rechtsprechung des BFH eine verdeckte Gewinnausschüttung darstellen kann, wenn die Pensionszusage im Zeitpunkt der Zusage nicht finanzierbar ist, da die Passivierung des Barwerts der Pensionsverpflichtung zu einer Überschuldung der Gesellschaft im insolvenzrechtlichen Sinne führen würde.

Hieraus wird in der steuerrechtlichen Literatur gefolgert, dass ein Verzicht eines Gesellschafter-Geschäftsführers gegenüber seiner Kapitalgesellschaft auf einen Pensionsanspruch nicht aus im Gesellschaftsverhältnis veranlassten Gründen erfolgt ist und mithin keine verdeckte Einlage vorliegt, wenn der Verzicht auf die Pensionszusage zur Abwendung der Insolvenz der Kapitalgesellschaft erfolgt ist.

Nach diesem Maßstab ist vorliegend das Finanzgericht Münster in seiner oben bereits zitierten Entscheidung aufgrund der Besonderheit des hier zu entscheidenden Streitfalls der Überzeugung, dass die von der GmbH an den Kläger erfolgte Zahlung zur Abfindung der zugunsten des Klägers bestehenden Pensionszusage nicht gesellschaftlich, sondern betrieblich veranlasst war. Insoweit kommen die erstinstanzlichen Richter zu dem Schluss, dass eine verdeckte Gewinnausschüttung nicht gegeben ist. Wie eingangs bereits gesagt, wird jedoch das letzte Wort der Bundesfinanzhof unter oben genannten Aktenzeichen haben.