Entsprechend der gesetzlichen Regelung in § 20 Abs. 1 Nummer 4 Satz 1 in Verbindung mit § 20 Abs. 8 des Einkommensteuergesetzes (EStG) sind die Einnahmen aus der Beteiligung als stiller Gesellschafter den Einkünften aus Gewerbebetrieb zuzuordnen, wenn der Gesellschafter als Mitunternehmer anzusehen ist. Mitunternehmer ist dabei derjenige Gesellschafter, der kumulativ Mitunternehmerinitiative entfalten kann und ebenso Mitunternehmerrisiko trägt. So bereits mehrfach geklärt durch die höchstrichterliche Rechtsprechung, beispielsweise mit Urteil vom 12.4.2021 unter dem Aktenzeichen VIII R 46/18 mit zahlreichen weiteren Nennungen zur Thematik.
Mitunternehmerinitiative bedeutet dabei vor allem die Teilnahme an unternehmerischen Entscheidungen, wie sie zum Beispiel Gesellschafter oder diesen vergleichbare Personen als Geschäftsführer, Prokuristen oder andere leitende Angestellte haben. Ausreichend sind Entscheidungsmöglichkeiten zur Ausübung von Gesellschaftsrechten, die wenigstens den Stimm-, Kontroll- und Widerspruchsrechten angenähert sind, die einem Kommanditisten nach dem Handelsgesetzbuch (HGB) zustehen oder die den gesellschaftsrechtlichen Kontrollrechten entsprechend § 716 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) entsprechen. Auch dies hat der BFH in der vorgenannten Entscheidung vom 12.4.2021 entsprechend ausgeführt.
Mitunternehmerrisiko trägt hingegen, wer gesellschaftsrechtlich oder diesem Status wirtschaftlich vergleichbar am Erfolg oder Misserfolg eines gewerblichen Unternehmens teilnimmt. Dieses Risiko wird regelmäßig durch die Beteiligung am Gewinn und Verlust sowie an den stillen Reserven des Anlagevermögens einschließlich eines Geschäftswerts ermittelt.
Die angesprochenen Merkmale können im Einzelfall mehr oder weniger ausgeprägt sein, und ein geringeres mitunternehmerisches Risiko kann durch eine besonders starke Ausprägung des Initiativrechts ausgeglichen werden und umgekehrt. Beide Merkmale müssen jedoch definitiv vorliegen. Ob dies der Fall ist, ist unter Berücksichtigung aller die rechtliche und wirtschaftliche Stellung einer Person insgesamt bestimmenden Umstände zu würdigen. So der Bundesfinanzhof in einer Entscheidung vom 13.7.2017 unter dem Aktenzeichen IV R 41/14. Im Rahmen der gebotenen Gesamtwürdigung der Umstände des Einzelfalles kann die Bezeichnung des Vertragsverhältnisses durch die Vertragsschließenden selbst als stille Gesellschaft lediglich als Indiz berücksichtigt werden.
Ob ein am Unternehmen des Arbeitgebers Beteiligter als Mitunternehmer anzusehen ist, bestimmt sich regelmäßig nach den Verhältnissen des Einzelfalles. Vorliegend hatte das Finanzgericht Baden-Württemberg in seiner Entscheidung vom 6.10.2022 unter dem Aktenzeichen 12 K 1692/20 eine entsprechende Mitunternehmerschaft verneint. Die Gründe: Ein am Gewinn und Verlust des Unternehmens beteiligter stiller Gesellschafter ist nicht als Mitunternehmer anzusehen, wenn er weder am Unternehmenswert noch am Zuwachs der stillen Reserven des Betriebsvermögens einschließlich des Firmenwerts beteiligt ist und ihm auch keine über das Recht, die Jahresabschlüsse einschließlich der Prüfungsberichte des Abschlussprüfers einzusehen, hinausgehenden Stimm- oder Widerspruchsrechte zustehen.
Allein der Umstand, dass der Arbeitnehmer keinen arbeitsvertraglichen Anspruch auf Einräumung der stillen Beteiligung hat, spricht für ein unabhängig vom Arbeitsverhältnis bestehendes Sonderrechtsverhältnis. Bei der Möglichkeit, die stille Einlage durch stehengelassene Gewinnanteile zu erbringen, handelt es sich um eine übliche Möglichkeit zur Einlagenerbringung. Eine Veranlassung der stillen Beteiligung durch das Arbeitsverhältnis lässt sich auch nicht daraus herleiten, dass die Gewinnbeteiligung des Arbeitnehmers aus der stillen Beteiligung nicht auf einen bestimmten absoluten und angemessenen Prozentsatz der Eingangsleistung begrenzt ist.
Gegen die vorliegende Entscheidung hat das Finanzgericht Baden-Württemberg die Revision nicht zugelassen, da es keine Zulassungsgründe gesehen hat. Insbesondere handelt sich bei der Entscheidung um eine Auslegung des Gesellschaftsvertrages, die dem Finanzgericht als Tatsacheninstanz obliegt und insoweit grundsätzlich nicht mittels Revision beim Bundesfinanzhof angegriffen werden kann.
Gegen die Entscheidung hat der Steuerpflichtige dennoch die Nichtzulassungsbeschwerde beim Bundesfinanzhof eingelegt, welche dort unter dem Aktenzeichen VIII B 134/22 geführt wurde. Offensichtlich (und dies verwundert schon sehr) haben die obersten Finanzrichter der Republik die Nichtzulassungsbeschwerde angenommen, denn unter dem Aktenzeichen VIII R 13/23 wird nun die Rechtsfrage geführt, unter welchen Voraussetzungen und in welchem Umfang Gewinnanteile aus einer Mitarbeiterbeteiligung in Form einer typisch stillen Beteiligung als Einkünfte aus Kapitalvermögen und nicht als Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit zu qualifizieren sind. Die Entscheidung der obersten Finanzrichter der Republik bleibt insoweit mit Spannung zu erwarten und wir werden mit Sicherheit wieder darüber berichten.