1. Für alle Steuerpflichtigen: Kosten für den Besuch einer Privatschule mit amtsärztlicher Befürwortung

Wenn einem Steuerpflichtigen zwangsläufig größere Aufwendungen als der überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse und gleichen Familienstandes erwachsen, spricht man von den sogenannten außergewöhnlichen Belastungen. Diese können auf Antrag die Einkommensteuer dadurch ermäßigen, dass derjenige Teil der Aufwendungen, der die dem Steuerpflichtigen zumutbare Belastung übersteigt, vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen wird.

In der Praxis gibt es rund um die außergewöhnlichen Belastungen regelmäßig viel Streit, da allein anhand der zuvor dargelegten gesetzlichen Definition nicht immer ganz klar ist, ob entsprechende Aufwendungen tatsächlich abzugsfähig sind oder nicht. So war es aktuell auch vor dem Finanzgericht Münster. Im Urteilssachverhalt besuchte die Tochter der Kläger ein staatlich anerkanntes Internatsgymnasium, welches eine Privatschule war. Im Vorfeld dieses Schulbesuches hatte nicht zuletzt der Amtsarzt außerordentliche intellektuelle Fähigkeiten bei der Schülerin festgestellt, welche in einer (normalen) Schule nicht gefördert werden konnten. Die Schülerin war dadurch ständig unterfordert. Ausweislich der amtsärztlichen Stellungnahme kam es daher bereits zu behandlungsbedürftigen psychosomatischen Beschwerden. Insoweit kamen die Ärzte zu dem Schluss, dass aus gesundheitlichen Gründen der Besuch einer Schule mit individuellen, an die Hochbegabung angepassten Fördermöglichkeiten wie dem Internatsgymnasium amtsärztlichen dringend zu befürworten sei. Hört sich ja zunächst einmal nach außergewöhnlichen Belastungen an, oder?

Nun können Schulgelder für den Besuch privater Schulung bereits teilweise als Sonderausgaben abgezogen werden. Diese Abzugsmöglichkeit nutzten die Kläger auch aus, machten jedoch, soweit die gezahlten Schulgelder nicht als Sonderausgaben berücksichtigt wurden, auch außergewöhnliche Belastungen geltend. Dabei bezogen sie sich auf die ärztlichen Stellungnahmen und nicht zuletzt auf die amtsärztlichen Ausführungen, welche sie insoweit als amtsärztliches Gutachten einordneten.

Dem widersprach jedoch das Finanzamt. Weder erkannte es die amtsärztliche Stellungnahme als ein entsprechendes Gutachten an, noch ging es davon aus, dass der Internatsbesuch zwangsläufig war. Leider wurde das Finanzamt vorliegend vom erstinstanzlichen Finanzgericht Münster in seiner Entscheidung vom 13.6.2023 unter dem Aktenzeichen 2 K 1045/22 G bestätigt.

Auch nach Auffassung der erstinstanzlichen Richter können die bisher nicht im Rahmen der Sonderausgaben berücksichtigten Aufwendungen für die Privatschule nicht als außergewöhnliche Belastungen zum Abzug gebracht werden, weil es sich nicht um zu berücksichtigende Krankheitskosten handelt, sondern vielmehr um Kosten der privaten Lebensführung. Die Richter haben dabei im Wesentlichen zwei Argumente:

Zum einen stellen sie klar, dass die Kosten für die Privatschule keine unmittelbaren Krankheitskosten sind, was auch gilt, wenn der Besuch der Schule durch die Krankheit verursacht ist. Um hier eine Abzugsmöglichkeit zu erreichen, fordern die Richter, dass der Privatschulbesuch zum Zwecke der Heilbehandlung hätte erfolgen müssen. Dies war jedoch nicht gegeben. Weiterhin stellen sie klar, dass die Hochbegabung des Kindes schlicht keine Krankheit ist, weshalb schon deshalb ein Abzug als außergewöhnliche Belastung ausscheidet.

Auch wenn vorliegend die Entscheidung der ersten Instanz deutlich negativ ausgefallen ist, ist dabei noch nicht aller Tage Abend. Die hier klagenden Eltern haben nämlich den Revisionszug zum Bundesfinanzhof nach München bestiegen, indem sie gegen die Entscheidung der Münsteraner Richter sogar die Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt haben. Diese ist aktuell noch beim Bundesfinanzhof unter dem Aktenzeichen VI B 35/23 anhängig.

Fraglich bleibt, wie die obersten Finanzrichter der Republik mit einem solchen Sachverhalt umgehen. Tatsächlich hat die Faktensubsumtion der Münsteraner Richter einiges für sich. Im Ergebnis muss man aber dennoch hervorheben, dass das Kind seine psychosomatischen Beschwerden allein durch die richtige Förderung im Rahmen dieses Schulbesuches ablegen konnte. Insoweit stellt sich die Frage, ob entsprechende Kosten nicht doch aufgrund von Sinn und Zweck der Vorschrift der außergewöhnlichen Belastung abzugsfähig sein können bzw. müssen. Eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs wird daher mit Spannung zu erwarten sein.