Das erstinstanzliche Finanzgericht Rheinland-Pfalz hat in seiner Entscheidung vom 19.9.2023 unter dem Aktenzeichen 5 K 1800/19 entschieden, dass für Insolvenzverwaltervergütungen vor Abschluss des Insolvenzverfahrens keine Rückstellung gebildet werden darf. Insgesamt kommt das erstinstanzliche Gericht zu dem Schluss, dass die Vergütung des Insolvenzverwalters auch nicht anteilig als Betriebsausgabe abgezogen werden darf.
Dies begründeten die Richter im Wesentlichen wie folgt: Entsprechend der Vorschrift in § 249 Absatz 1 Satz 1 des Handelsgesetzbuches (HGB) sind in der Handelsbilanz für ungewisse Verbindlichkeiten Rückstellungen zu bilden. Da diese Verpflichtung zu den Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung gehört, gilt sie auch für die Steuerbilanz.
Voraussetzung für die Bildung einer Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten ist jedoch nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs das Bestehen einer dem Betrag nach ungewissen Verbindlichkeit oder die hinreichende Wahrscheinlichkeit der Entstehung einer Verbindlichkeit dem Grunde nach, deren Höhe zudem ungewiss sein kann, und die ihre wirtschaftliche Verursachung in der Zeit vor dem Bilanzstichtag hat. Bei der ungewissen Verbindlichkeit muss es sich um eine betrieblich veranlasste Verbindlichkeit handeln, die (wäre sie bereits entstanden) als Betriebsausgabe abzugsfähig wäre.
Betriebsausgaben sind ausweislich § 4 Abs. 4 des Einkommensteuergesetzes (EStG) Aufwendungen, die durch den Betrieb veranlasst sind. Eine solche Veranlassung ist gegeben, wenn die Aufwendungen objektiv mit dem Betrieb zusammenhängen und subjektiv dem Betrieb zu dienen bestimmt sind. So bereits der Bundesfinanzhof in einer Entscheidung vom 3.2.2016 unter dem Aktenzeichen X R 25/12. Für den Abzug als Betriebsausgabe ist es insbesondere erforderlich, dass es einen sachlichen Zusammenhang zu einer der Gewinneinkunftsarten gibt.
Mit Urteil vom 4.8.2016 hat der Bundesfinanzhof unter dem Aktenzeichen VI R 47/13 bereits zur Abzugsfähigkeit der Vergütung für den Insolvenzverwalter für den Bereich der Überschusseinkünfte Stellung genommen. Aus der Entscheidung lässt sich nach Auffassung des erstinstanzlichen Finanzgerichts Rheinland-Pfalz ableiten, dass eine Abzugsfähigkeit der Vergütung für den Insolvenzverwalter auch bei einem Bezug zu Gewinneinkünften bzw. im Regelinsolvenzverfahren ausscheidet, wenn zugleich auch private Schulden bestehen.
Nach Auffassung des Bundesfinanzhofs sind im Verbraucherinsolvenzverfahren Bezüge zu einzelnen Einkunftsarten irrelevant. Damit wären auch Bezüge zum Beispiel zu einer ehemaligen gewerblichen Tätigkeit unerheblich. In einem Verbraucherinsolvenzverfahren können Bezüge zu solchen Einkünften deshalb bestehen, weil auch bei einem Schuldner, der eine selbstständige wirtschaftliche Tätigkeit ausgeübt hat, unter den dort bestimmten Voraussetzungen ein Verbraucherinsolvenzverfahren durchgeführt werden kann. Nach Auffassung des Bundesfinanzhofs können die Insolvenzverwaltervergütungen eines Verbraucherinsolvenzverfahren also auch bei Bezügen zu einer ehemaligen gewerblichen Tätigkeit nicht als (nachträgliche) Betriebsausgaben abgezogen werden.
Zudem hat der Große Senat des Bundesfinanzhofs in seinem Beschluss vom 21.9.2009 unter dem Aktenzeichen GrS 1/06 zur Abzugsfähigkeit von Werbungskosten und Betriebsausgaben bereits folgendes ausgeführt:
Aufwendungen sind insbesondere als Betriebsausgaben abzuziehen, wenn sie durch die Einkünfteerzielung veranlasst sind. Eine solche Veranlassung ist dann gegeben, wenn die Aufwendungen mit der Einkünfteerzielung objektiv zusammenhängen und ihr subjektiv zu dienen bestimmt sind. Dies bedeutet, wenn sie in einem wirtschaftlichen Zusammenhang mit einer der Einkunftsarten stehen. Nach dem Regelungsziel des Einkommensteuergesetzes sind Aufwendungen dann als durch eine Einkunftsart veranlasst anzusehen, wenn sie hierdurch in einem steuerrechtlich anzuerkennenden wirtschaftlichen Zusammenhang stehen. Maßgeblich dafür, ob ein solcher Zusammenhang besteht, ist zum einen die wertende Beurteilung des die betreffenden Aufwendungen auslösenden Momentes, zum anderen dessen Zuweisung zur einkommensteuerrechtlich relevanten Erwerbsphäre. Ergibt diese Prüfung, dass die Aufwendungen nicht oder in nur unbedeutendem Maße auf privaten, der Lebensführung des Steuerpflichtigen zuzurechnenden Umständen beruhen, so sind sie als Betriebsausgaben grundsätzlich abzugsfähig. Beruhen die Aufwendungen hingegen nicht oder nur in unbedeutendem Maße auf beruflichen Umständen, so sind sie nicht abziehbar.
Nach Maßgabe dieser Rechtsprechung des Großen Senats ist das Finanzgericht Rheinland-Pfalz der Auffassung, dass ein Abzug der Insolvenzverwaltervergütung nicht nur als Werbungskosten, sondern auch als Betriebsausgabe bereits daran scheitert, dass die Aufwendungen zwar mit der Einkünfteerzielung objektiv zusammenhängen können, diesen aber nicht subjektiv zu dienen bestimmt sind. Denn der auslösende Moment für das Entstehen der Insolvenzverwaltervergütung ist der Antrag des Steuerpflichtigen oder eines Gläubigers auf Durchführung eines Insolvenzverfahrens, also letztlich die Überschuldung und Zahlungsunfähigkeit des Steuerpflichtigen, deren Ursache multikausal ist und keiner einkommensteuerrechtlich relevanten Erwerbsphäre zuzuordnen ist.
Auslöser können z.B. kritische Lebensereignisse, Zahlungsschwierigkeiten wegen unwirtschaftlicher Haushaltsführung und/oder längerfristige Niedrigeinkommen etc. sein. Zwar kann auch beispielsweise eine gescheiterte Selbständigkeit Auslöser der Überschuldung sein. Die Ursache dafür wird hingegen häufig immer auch in der Person des Steuerpflichtigen und dessen Kenntnissen und Fähigkeiten zu finden sein, die zu Fehlern beispielsweise in den Bereichen Geschäftsführung, Kalkulation, Planung, Akquise, Personalführung, Überwachung, Disziplin, Selbsteinschätzung usw. führen können.
Bei diesem Hintergrund kommt das Finanzgericht Rheinland-Pfalz in der oben bereits zitierten Entscheidung zu dem Schluss, dass die Vergütung für den Insolvenzverwalter keine Betriebsausgabe ist. In der Folge kann vor Abschluss des Insolvenzverfahrens auch keine Rückstellung gebildet werden.
Abschließend wird der Bundesfinanzhof in München zu entscheiden haben. Unter dem Aktenzeichen III R 35/23 ist ein entsprechendes Verfahren anhängig, an welches sich betroffene Steuerpflichtige anhängen sollten.