Verdeckte Gewinnausschüttungen durch die private Nutzung von Firmenwagen können immer dann entstehen, wenn keine fremdübliche Überlassungs- oder Nutzungsvereinbarung vorliegt, eine Nutzung über eine solche Vereinbarung in der Realität hinausgeht oder gegen ein ausdrückliches Verbot zur Nutzung des Fahrzeuges verstoßen wird. Die Rechtsprechung des I. und VI. Senats des Bundesfinanzhofs ist in dieser Abgrenzung weitgehend übereinstimmend. Insbesondere wird betont, dass eine private Nutzung ohne entsprechende organisatorische Maßnahmen zur Ausschließung der Privatnutzung oder bei unbeschränkter Zugriffsmöglichkeit des Gesellschafters als verdeckte Gewinnausschüttung angesehen werden kann.
Eine verdeckte Gewinnausschüttung liegt dabei insbesondere auch vor, wenn die Kapitalgesellschaft einem Gesellschafter einen Vermögensvorteil gewährt, den sie einem Nichtgesellschafter nicht gewährt hätte. Die private Pkw-Nutzung kann als Arbeitslohn oder verdeckte Gewinnausschüttung qualifiziert werden, abhängig von der vertraglichen Situation und rechtlichen Besteuerungsvoraussetzungen. Die Unterscheidung zwischen Arbeitslohn und verdeckter Gewinnausschüttung basiert dabei grundlegend auf der Fremdüblichkeit der Nutzungsvereinbarung und der gesellschaftlichen Veranlassung der Nutzung. Die Möglichkeit zur Privatnutzung genügt lohnsteuerrechtlich, während ertragsteuerlich eine tatsächliche private Nutzung erforderlich ist.
Der Nachweis einer privaten Nutzung eines betrieblichen Pkw ist in der Praxis hochproblematisch und streitanfällig. Der Anscheinsbeweis spielt eine wichtige Rolle, wobei bei fehlendem Fahrtenbuch, fehlenden organisatorischen Maßnahmen zur Ausschließung der Privatnutzung oder unbeschränkter Zugriffsmöglichkeit des Gesellschafters der Beweis des ersten Anscheins regelmäßig für eine private Nutzung spricht. Die Rechtsprechung differenziert je nach den rechtlichen Besteuerungsvoraussetzungen allerdings durchaus zwischen lohnsteuerlicher und ertragsteuerlicher Betrachtung der privaten Pkw-Nutzung.
Vor dieser grundlegenden Einordnung kommt das erstinstanzliche Finanzgericht Münster in seiner Entscheidung vom 28.4.2023 mit dem Aktenzeichen 10 K 1193/20 K, G, F zu dem Ergebnis, dass aufgrund der allgemeinen Lebenserfahrung der Beweis des ersten Anscheins bereits dafür spricht, dass ein Alleingesellschafter-Geschäftsführer einen ihm zur Verfügung stehenden betrieblichen Pkw unabhängig von einem mit der ebenfalls von ihm vertretenen Gesellschaft vereinbarten Nutzungsverbot auch für private Fahrten nutzt. Es ist nach Auffassung des erstinstanzlichen Gerichtes insoweit nicht zu erwarten, dass ein Verstoß gegen ein privates Nutzungsverbot aufgrund des fehlenden Interessensgrundsatzes eine irgendwie geartete gesellschaftsrechtliche bzw. arbeitsrechtliche Konsequenz nach sich ziehen würde. Insoweit schließen sich die Richter des Finanzgerichtes Münsters der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs vom 23.1.2008 unter dem Aktenzeichen I R 8/06 an.
Die private Nutzung eines Fahrzeugs durch den Alleingesellschafter-Geschäftsführer trotz eines privaten Nutzungsverbots führt daher zu einer verdeckten Gewinnausschüttung. Diese ist nicht mit dem lohnsteuerrechtlichen Wert, sondern im Rahmen der Regelung zu den verdeckten Gewinnausschüttungen auf Ebene der Kapitalgesellschaft nach den Maßstäben des Fremdvergleichs unter Berücksichtigung des gemeinen Wertes und damit eines angemessenen Gewinnsaufschlag zu bewerten. Die private Nutzung eines Fahrzeugs im Rahmen einer verdeckten Gewinnausschüttung stellt aus Sicht der Gesellschaft keine betriebliche Nutzung dar, weshalb beispielsweise auch die Inanspruchnahme eines Investitionsabzugsbetrages ausgeschlossen ist.
Gegen seine Entscheidung hat das Finanzgericht Münster die Revision zum Bundesfinanzhof wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Sache zugelassen. Es ist insoweit klärungsbedürftig, ob für den Fall eines Alleingesellschafter-Geschäftsführers einer GmbH ein Beweis des ersten Anscheins dafür spricht, dass er einen ihm überlassenen betrieblichen Pkw, für den er mit der von ihm vertretenen Gesellschaft ein privates Nutzungsverbot vereinbart hat, nicht ausschließlich dienstlich, sondern auch privat nutzt. Der Bundesfinanzhof wird sich unter dem Aktenzeichen I R 33/23 mit dieser Frage beschäftigen.