4. Für Arbeitnehmer: Unterkunftskosten bei einer doppelten Haushaltsführung im Ausland

Entsprechend der gesetzlichen Regelung in § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 5 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) sind Werbungskosten auch notwendige Mehraufwendungen, die einem Arbeitnehmer wegen einer beruflich veranlassten doppelten Haushaltsführung entstehen. Eine doppelte Haushaltsführung liegt allerdings nur vor, wenn der Arbeitnehmer außerhalb des Ortes seiner ersten Tätigkeitsstätte einen eigenen Hausstand unterhält und auch am Ort der ersten Tätigkeitsstätte wohnt.

Seit dem Veranlagungszeitraum 2014 enthält die gesetzliche Regelung eine besondere Bestimmung zur steuerlichen Berücksichtigung von Unterkunftskosten bei einer doppelten Haushaltsführung im Inland. Die Prüfung der vorgesehenen Beschränkung auf notwendige Mehraufwendungen entfällt in diesem Fall. Angesichts des eindeutigen Wortlauts »im Inland« scheidet eine Anwendung der Regelung auf einen im Ausland belegenen Zweithaushalt aus. Insoweit verbleibt es bei der gesetzlichen Regelung, wonach notwendige Unterkunftskosten, d. h. begrenzt auf das nach objektiven Maßstäben zur Zweckverfolgung erforderliche, als Werbungskosten abzugsfähig sind.

Eine Typisierung dahingehend, dass Unterkunftskosten, die den Durchschnittsmietzins einer 60 m² Wohnung am Beschäftigungsort nicht überschreiten, kommt für Auslandssachverhalte nicht in Betracht. Damit richten sich die obersten Finanzrichter der Republik in ihrem Urteil vom 9.8.2023 unter dem Aktenzeichen VI R 20/21 ganz ausdrücklich gegen die Aussage des Bundesfinanzministeriums im Erlass vom 25.11.2020 in Rz. 112.

Der Bundesfinanzhof hat sich bei dieser typisierenden Bestimmung des notwendigen zusätzlichen Wohnbedarfs am Beschäftigungsort an dem inländischen sozialhilferechtlich anerkannten Mindestbedarf für Unterkunft und Wohnen einer Person nach § 22 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch und der zu dieser Vorschrift ergangenen sozialrechtlichen Rechtsprechung orientiert und diesen im Hinblick auf die Finanzierung durch die eigene Berufstätigkeit auf 60 qm angehoben, da die sozialrechtlichen Vorgaben lediglich einer existenziellen Versorgung dienen (sogenannte »60 qm–Rechtsprechung«). Die vorgenommene Typisierung des Tatbestandsmerkmals »notwendig« gründet damit im Wesentlichen auf einem nach inländischen Verhältnissen bemessenen Merkmal, das sich als Maßgröße für die Notwendigkeit von Unterkunftskosten im Ausland nicht fruchtbar machen lässt.

Im Übrigen ist eine Übertragung der sogenannten »60 qm–Rechtsprechung« auf Auslandssachverhalte schon deshalb nicht angezeigt, weil die dahingehende typisierende Gesetzesauslegung des Tatbestandsmerkmals »notwendig« nicht der einfacheren Handhabung in steuerlichen Massenverfahren dient. Sie ist vielmehr bei Auslandssachverhalten nicht handhabbar. Denn belastbare Feststellungen zum ortsüblichen Mietzins je Quadratmeter für eine nach Lage und Ausstattung durchschnittliche Wohnung (Durchschnittsmietzins) am ausländischen Beschäftigungsort können in der Regel weder von den Beteiligten im Veranlagungsverfahren erhoben noch von den Finanzgerichten belastbar überprüft werden. Dies belegt auch der vorliegende Streitfall, in welchem das Finanzamt zugunsten der Kläger mangels anderweitiger Erkenntnisse lediglich unterstellt hat, dass die tatsächlich vom Kläger gezahlte Dienstwohnungsvergütung der ortsüblichen Vergleichsmiete einer durchschnittlichen Wohnung entsprach.

Hinzu kommt, dass eine Typisierung sich realitätsgerecht am typischen Fall orientieren muss. Ein solch typischer Fall lässt sich für Unterkunftskosten aufgrund einer doppelten Haushaltsführung im Ausland aber schon deshalb nicht ausmachen, weil diese maßgebend von den jeweiligen Gegebenheiten im einzelnen Land geprägt sind. Bei einer doppelten Haushaltsführung im Ausland ist deshalb stets im Einzelfall zu prüfen, welche Unterkunftskosten im Ausland notwendig, das heißt nach objektiven Maßstäben zur Zweckverfolgung erforderlich, sind. Auch hiermit stellt sich die Rechtsprechung erfreulicherweise ganz klar gegen die Verwaltungsmeinung.

Nach diesen neuen Rechtsprechungsmaßstäben sind die vom Kläger für seine Zweitwohnung gezahlten Unterkunftskosten in tatsächlicher Höhe als Werbungskosten im Rahmen seiner doppelten Haushaltsführung zu berücksichtigen, da sie nach objektiven Maßstäben insgesamt zur Zweckverfolgung erforderlich waren.