3. Für alle Steuerpflichtigen: Doppelte Haushaltsführung in einem sog. Wegverlegungsfall

Mandantenbrief WBS Gruppe

In einem Urteil des Finanzgerichts Köln vom 22. Juni 2023 unter dem Aktenzeichen 11 K 3123/18 ging es um die steuerliche Anerkennung einer doppelten Haushaltsführung in einem sogenannten Wegverlegungsfall. Im Kern dreht sich der Streitfall um die Frage, ob die Klägerin einen eigenen Hausstand an ihrem Lebensmittelpunkt in H unterhalten hat und ob daher die Voraussetzungen für eine beruflich veranlasste doppelte Haushaltsführung erfüllt waren.

Der Sachverhalt verdeutlich die Rechtslage: Die Kläger, ein Ehepaar, hatten ihren gemeinsamen Wohnsitz ursprünglich in Y, wo auch die Klägerin beschäftigt war. Im Jahr 2016 erwarb die Klägerin das elterliche Haus in H und trug vor, dass sich ihr Lebensmittelpunkt nun in H befinde. Demnach machte sie Kosten für eine doppelte Haushaltsführung geltend, da sie weiterhin in Y arbeitete und dort eine Zweitwohnung beibehielt. Die Kläger begründeten die Verlagerung ihres Lebensmittelpunkts nach H mit familiären Bindungen und der Renovierung des Elternhauses. Die Klägerin argumentierte, dass durch den Erwerb des Hauses und die enge familiäre Anbindung der Lebensmittelpunkt nach H verlegt worden sei, was die Geltendmachung einer doppelten Haushaltsführung rechtfertige.

Das Finanzamt lehnte diese Anerkennung ab, da es den Lebensmittelpunkt der Klägerin weiterhin in Y sah. Betrachtet man die Argumentation des Finanzamtes etwas genauer, muss man zugeben, dass diese im vorliegenden Fall auch nicht von der Hand zu weisen ist. Insbesondere war das Alltagsleben der Familie, einschließlich der ärztlichen Versorgung und der sozialen Kontakte der Kinder, in Y verankert. Auch die räumliche Ausstattung des Elternhauses in H sowie die Nutzung des Hauses durch die Eltern der Klägerin sprachen nicht für einen eigenen Hausstand der Klägerin in H.

Das Finanzgericht schloss sich aus durchaus nachvollziehbaren Gründen der Auffassung des Finanzamtes an und wies die Klage ab. Es führte aus, dass für die steuerliche Anerkennung einer doppelten Haushaltsführung gemäß § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 des Einkommensteuergesetz (EStG) ein eigener Hausstand am Lebensmittelpunkt und eine beruflich veranlasste Zweitwohnung am Arbeitsort erforderlich sind. Ein Hausstand setzt das Innehaben einer Wohnung und eine finanzielle Beteiligung an den Kosten der Lebensführung voraus. Auch muss sich der Lebensmittelpunkt des Steuerpflichtigen in dieser Wohnung befinden, was durch eine Gesamtwürdigung der Umstände zu ermitteln ist. Dabei sind unter anderem die Dauer und Häufigkeit der Aufenthalte, die Ausstattung und Größe der Wohnung sowie die sozialen Bindungen zu berücksichtigen.

Im vorliegenden Fall sah das Gericht den Lebensmittelpunkt der Klägerin jedoch weiterhin eindeutig in Y. Die regelmäßige Anwesenheit der Klägerin und der Kinder in Y, die Nutzung der ärztlichen Versorgung sowie die Anmeldung der Kinder in Schule und Kindergarten in Y deuteten nach der unseres Erachtens nachvollziehbaren Meinung des Gerichtes eindeutig darauf hin, dass sich das familiäre Leben hauptsächlich auch dort abspielte. Das Haus in H wurde nach Ansicht des Gerichts lediglich zu Besuchszwecken genutzt. Zudem konnte die Klägerin keine ausreichenden Nachweise für eine finanzielle Beteiligung an den Kosten der Lebensführung in H erbringen, da das Haus hauptsächlich von den Eltern bewohnt wurde und diese die anfallenden Kosten trugen.

Die Klägerin konnte somit weder einen eigenen Hausstand in H noch die Verlagerung ihres Lebensmittelpunkts dorthin glaubhaft machen. Daher verneinte das Gericht korrekterweise die Voraussetzungen für eine doppelte Haushaltsführung, was dazu führte, dass die geltend gemachten Aufwendungen nicht steuerlich anerkannt wurden.

Mit dieser Entscheidung bestätigte das Finanzgericht die eigentlich schon immer bestehende Rechtsauffassung, dass ein bloßes Vorhalten einer Wohnung ohne nachgewiesenen Lebensmittelpunkt und finanziellen Beitrag zu den Haushaltskosten nicht ausreicht, um eine doppelte Haushaltsführung steuerlich geltend zu machen.