Im folgenden Urteil Fall ging es um die steuerliche Problematik eines Schenkungsteuerbescheids und dessen Wirksamkeit. Steuerrechtlich stellt sich hierbei die Frage, wie ein Verwaltungsakt – insbesondere ein Steuerbescheid – inhaltlich hinreichend bestimmt sein muss, damit die Beteiligten, hier also der Schenker und der Beschenkte, ihre Rechte und Pflichten daraus eindeutig ableiten können.
Im Urteil des Bundesfinanzhofs vom 8.11.2023 unter dem Aktenzeichen II R 22/20 wurde insoweit entschieden, dass ein Schenkungsteuerbescheid nichtig ist, wenn er nicht klar und eindeutig erkennen lässt, in welcher Höhe die Schenkungsteuer gegen den Beschenkten festgesetzt wurde.
Die Details des Falls verdeutlichen dabei die Entscheidung: Der Sachverhalt drehte sich um eine Schenkung, bei der der Vater des Klägers seinem minderjährigen und hier klagenden Sohn eine Beteiligung an mehreren Gesellschaften schenkte. Der Vater behielt sich dabei ein lebenslanges Nießbrauchrecht vor, wodurch er weiterhin das Stimmrecht in den Gesellschafterversammlungen ausüben konnte. Im Schenkungsvertrag verpflichtete sich der Vater auch, die eventuell anfallende Schenkungsteuer zu übernehmen. In diesem Zusammenhang erließ das Finanzamt zunächst am 9.10.2009 einen Schenkungsteuerbescheid, der an den Vater als Vertreter des Sohnes gerichtet war. Der Vater zahlte die festgesetzte Steuer in voller Höhe.
Im Jahr 2010 erließ das Finanzamt einen weiteren Schenkungsteuerbescheid, in dem die ursprünglich gewährten Vergünstigungen für die KG-Beteiligung zurückgenommen wurden. Der Grund hierfür war die Annahme, der Sohn sei nicht Mitunternehmer der KG geworden, sodass die steuerliche Begünstigung nach § 13a des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes nicht gewährt werden könne. Auch die in diesem Bescheid festgesetzte Steuer zahlte der Vater. Im Verlauf der daraufhin angestrengten Einspruchsverfahren ergingen weitere Änderungsbescheide.
Im Jahr 2023 erließ das Finanzamt einen neuen Schenkungsteuerbescheid gegen den Sohn, in dem eine Steuer in Höhe von 15.800.340 Euro festgesetzt wurde. In der Begründung des Bescheids wurde jedoch ein deutlich niedrigerer Betrag, nämlich 6.829.463,31 Euro, als »festgesetzte Steuer« ausgewiesen. Diese Unstimmigkeit führte zu der zentralen Frage, ob der Bescheid hinreichend bestimmt war. Das Gericht verneinte dies und stellte fest, dass der Bescheid aufgrund dieser Widersprüchlichkeit nicht den gesetzlichen Anforderungen entsprach. Denn die festgesetzte Steuer ist ein wesentliches Element eines Steuerbescheids, das für den Adressaten klar erkennbar sein muss.
Ein weiterer wesentlicher Aspekt des Falls war die Frage der Gesamtschuldnerschaft von Schenker und Beschenktem. Nach § 44 Absatz 1 Satz 1 der Abgabenordnung (AO) sind beide Parteien Gesamtschuldner der Schenkungsteuer, was bedeutet, dass sie nebeneinander für dieselbe Steuerleistung haften. Die obersten Finanzrichter stellten daher klar, dass die Erfüllung der Steuerschuld durch den Schenker auch die Steuerschuld des Beschenkten erlöschen lässt, was hier jedoch nicht klar genug aus dem Bescheid hervorging. Obwohl der Vater die Steuer bereits entrichtet hatte, war im Bescheid nicht eindeutig festgelegt, dass diese Zahlung die Steuerschuld des Sohnes beseitigt hatte.
Aufgrund dieser Unbestimmtheit erklärte der Bundesfinanzhof den Schenkungsteuerbescheid für nichtig, da er an einem schwerwiegenden Fehler im Sinne von § 125 Absatz 1 AO litt. Der Bescheid war somit nicht rechtswirksam. Die klare Bestimmbarkeit eines Verwaltungsakts ist ein Grundpfeiler der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit. Im vorliegenden Fall war es für den Kläger nicht möglich, eindeutig zu erkennen, welche Steuerlast auf ihn entfiel, weshalb der Bescheid aufzuheben war.