Im Erbschaftsteuerrecht stellt sich regelmäßig die Frage, in welchem Umfang die mit einem Erbfall verbundenen Kosten steuerlich berücksichtigt werden können. Besonders relevant wird dies, wenn der Erblasser zu Lebzeiten eine sogenannte Sterbegeldversicherung abschließt und das Bezugsrecht zugunsten eines Bestattungsunternehmens abtritt. Die zentrale steuerliche Problematik liegt dann darin, ob und in welchem Umfang die Erben die durch diese Konstellation entstandenen Aufwendungen als Nachlassverbindlichkeiten steuerlich abziehen dürfen, obwohl die Kosten nicht direkt von ihnen bezahlt wurden.
Im nun entschiedenen Fall hatte die im Jahr 2019 verstorbene Erblasserin eine Sterbegeldversicherung abgeschlossen und deren Leistung zu Lebzeiten an ein Bestattungsunternehmen abgetreten, das nach ihrem Tod die Bestattung übernahm. Die Versicherung zahlte hierfür einen Betrag in Höhe von rund 6.900 Euro. Die Gesamtkosten der Bestattung beliefen sich auf über 11.600 Euro.
Der Kläger, ein Neffe der Erblasserin und Miterbe, wollte die gesamten Bestattungskosten einschließlich der durch die Versicherung gedeckten Beträge steuerlich als Nachlassverbindlichkeiten geltend machen. Das zuständige Finanzamt hingegen erkannte nur die Pauschale nach § 10 Absatz 5 Nummer 3 Satz 2 des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes (ErbStG) in Höhe von 10.300 Euro an und verwies darauf, dass die durch die Versicherung gedeckten Kosten nicht den Erben belastet hätten. Auch das Finanzgericht Münster wies die Klage des Erben unter dem Aktenzeichen 3 K 1551/20 Erb am 19.8.2021 ab.
Damit ist der Fall aber noch nicht vorbei. Der Kläger wandte sich gegen diese Entscheidung und legte Revision beim Bundesfinanzhof ein. Er machte geltend, dass eine Hinzurechnung der Versicherungsleistung zum Nachlass zwingend auch eine entsprechende Berücksichtigung der dadurch abgegoltenen Bestattungskosten nach sich ziehen müsse. Die Nichtberücksichtigung dieser Kosten widerspreche dem in § 10 Absatz 1 Satz 1 ErbStG verankerten Bereicherungsprinzip.
Die obersten Finanzrichter gaben dem Kläger Recht und hoben mit Urteil vom 10.7.2024 unter dem Aktenzeichen II R 31/21 die Entscheidung des Finanzgerichts auf. Nach Auffassung des Bundesfinanzhofs geht mit der Abtretung des Versicherungsanspruchs zwar nicht der Zahlungsanspruch selbst, wohl aber ein Anspruch auf Sachleistung gegenüber dem Bestattungsunternehmen auf die Erben über. Dieser Sachleistungsanspruch sei nach § 1922 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) Teil des Nachlasses und erhöhe dessen Wert. Da die Bestattung durch das Unternehmen erfolgte, erlosch dieser Anspruch, was wirtschaftlich einer Ausgabe gleichkomme. In der Folge mindert dies den steuerpflichtigen Erwerb, weil der Nachlass um diesen geleisteten Aufwand vermindert wird.
Besonders hervorzuheben ist die klare Aussage des Gerichts, dass es steuerlich keinen Unterschied macht, ob die Erben die Bestattungskosten direkt zahlen oder ob sie durch einen abgetretenen Anspruch erfüllt werden. In beiden Fällen entsteht eine wirtschaftliche Belastung, weil der zuvor bestehende Sachleistungsanspruch — als Nachlassgegenstand — durch die erbrachte Leistung entfällt. Die Vorschrift des § 10 Absatz 5 Nummer 3 Satz 1 ErbStG erfasse ausdrücklich die Kosten der Bestattung unabhängig davon, wie sie beglichen werden. Das Gericht betont, dass auch bei gedeckten Bestattungskosten ein Abzug in voller Höhe möglich ist, sofern sie belegt und dem Grunde nach abzugsfähig sind. Die Begrenzung auf den Pauschbetrag von 10.300 Euro gelte nur dann, wenn keine höheren tatsächlichen Kosten nachgewiesen würden.
Da das Finanzgericht Münster keine abschließenden Feststellungen zur konkreten Höhe der insgesamt geltend gemachten Nachlassverbindlichkeiten getroffen hatte, verwies der Bundesfinanzhof die Sache zur anderweitigen Entscheidung zurück. Die obersten Finanzrichter stellten damit klar, dass die volle steuerliche Berücksichtigung der Bestattungskosten auch dann möglich ist, wenn diese durch eine Sterbegeldversicherung abgedeckt wurden, sofern der damit verbundene Sachleistungsanspruch Teil des Nachlasses war.

