Zunächst einmal zum Grundsatz der Abzugsregelung: Bei Wirtschaftsgütern, deren Verwendung oder Nutzung durch den Steuerpflichtigen zur Erzielung von Einkünften sich erfahrungsgemäß auf einen Zeitraum von mehr als einem Jahr erstreckt, ist jeweils für ein Jahr der Teil der Anschaffungs- oder Herstellungskosten abzusetzen, der bei gleichmäßiger Verteilung dieser Kosten auf die Gesamtdauer der Verwendung oder Nutzung auf ein Jahr entfällt. Die Absetzung bemisst sich hierbei nach der betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer des Wirtschaftsguts. Für Gebäude und Gebäudeteile, die selbstständige unbewegliche Wirtschaftsgüter sind, wird die Höhe der jährlichen AfA in den Regelungen des § 7 Abs. 4, Abs. 5 und Abs. 5a des Einkommensteuergesetzes (EStG) gesondert geregelt.
Aufwendungen für Baumaßnahmen an einem Bestandsgebäude oder an einem Bestandsgebäudeteil können als nachträgliche Herstellungskosten oder als sofort abziehbarer Erhaltungsaufwand zu qualifizieren sein.
Aufwendungen, die durch die Absicht veranlasst sind, Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung zu erzielen, sind dann nicht als Werbungskosten sofort abziehbar, wenn es sich um Herstellungskosten handelt. Welche Aufwendungen konkret zu den Herstellungskosten zählen, bestimmt sich auch für die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung nach den Regelungen des Handelsgesetzbuches (HGB), konkret nach § 255 Abs. 2 Satz 1 HGB. Danach sind Herstellungskosten Aufwendungen, die durch den Verbrauch von Gütern und die Inanspruchnahme von Diensten für die Herstellung eines Vermögensgegenstandes (oder Wirtschaftsguts), seine Erweiterung oder für eine über seinen ursprünglichen Zustand hinausgehende wesentliche Verbesserung entstehen. So bereits auch der Bundesfinanzhof in einer Entscheidung vom 16.1.2007 unter dem Aktenzeichen IX R 39/05.
Maßstab für die Abgrenzung zwischen sofort abziehbarem Erhaltungsaufwand und Herstellungskosten bei Gebäuden ist nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs grundsätzlich das Wirtschaftsgut, auf das sich die Baumaßnahme bezieht.
Die Abgrenzung zwischen Erhaltungsaufwand und Herstellungskosten führt der Bundesfinanzhof bei Gebäuden grundsätzlich wirtschaftsgutbezogen durch. So ist es auch einer Entscheidung vom 25.9.2007 unter dem Aktenzeichen IX R 28/07 zu entnehmen. Aus steuerlicher Sicht kann ein Gebäude ein einziges Wirtschaftsgut sein oder sich in mehrere Wirtschaftsgüter untergliedern. Dies bestimmt sich nach der steuerlichen Art der Nutzung. Als Nutzungsarten kommen in Betracht die Nutzung zu eigenen Wohnzwecken, zu fremden Wohnzwecken, zu eigenbetrieblichen Zwecken und zu fremdbetrieblichen Zwecken. Eine weitere Untergliederung eines Gebäudes in einzelne Wirtschaftsgüter, zum Beispiel bei einer betrieblichen Nutzung durch mehrere, eigenständige Betriebe, ist grundsätzlich ausgeschlossen. Die kleinste mögliche wirtschaftsguteigenschaftsfähige Untereinheit in einem Gebäude ist ein einzelner durch Wände, Decken, Fenster und Türen umschlossener Raum.
Bei der Prüfung, ob die Aufwendungen für Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen zu Herstellungskosten führen, ist bei einem aus mehreren Nutzungseinheiten bestehenden Gebäude dann auf das Gebäude in seiner Gesamtheit abzustellen, wenn es nicht in unterschiedlicher Weise genutzt wird und somit nicht in verschiedene Wirtschaftsgüter aufzuteilen ist. So bereits der Bundesfinanzhof in einer Entscheidung vom 14.6.2016 unter dem Aktenzeichen IX R 22/15 im Zusammenhang mit anschaffungsnahen Herstellungskosten im Sinne des § 6 Abs. 1 Nummer 1 a Satz 1 EStG.
Allerdings hat es der Bundesfinanzhof in einem ein Wohnhaus betreffenden Fall für eine Standardhebung und mithin eine wesentliche Verbesserung als ausreichend erachtet, wenn die durchgeführte Baumaßnahme nur in einer der Wohnungen zu einem Standardsprung geführt hat. In diesem Fall hat er trotz der einheitlichen steuerlichen Zweckbestimmung des Gesamtgebäudes auf die einzelne Wohnung abgestellt und deren alleinigen Umbau für das Vorliegen von Herstellungskosten ausreichen lassen (vergleiche insoweit die Entscheidung des Bundesfinanzhofs vom 3.12.2002 unter dem Aktenzeichen IX R 71/00). Eine deutlich vom Rest des Gebäudes abweichende Lebensdauer des von der Baumaßnahme betroffen Gebäudeteils lag ebenfalls nicht vor.
Auf Basis der vorgenannten Grundsätze kommt nun das Niedersächsische Finanzgericht in seiner Entscheidung vom 17.3.2023 unter dem Aktenzeichen 15 K 17/21 zu dem Schluss, dass Beurteilungsmaßstab für die Bestimmung nachträglicher Herstellungskosten bei einem Gebäude die von der Baumaßnahme betroffene Teilfläche ist, sofern diese die Eignung als Wirtschaftsgut besitzt.
Bei der Prüfung, ob nachträgliche Herstellungskosten in der Fallgruppe der Erweiterung vorliegen, kommt es wegen des Ausreichens auch nur geringfügiger Erweiterungsmaßnahmen nicht darauf an, ob das Gebäude ein einheitliches Wirtschaftsgut darstellt oder in mehrere Wirtschaftsgüter zu untergliedern ist.
Eine Baumaßnahme an einem zu anderen als Wohnzwecken genutzten Gebäude führt zu nachträglichen Herstellungskosten in der Variante der wesentlichen Verbesserungen, wenn die Maßnahme bezogen auf die betroffene Teilfläche entweder zu einer Standardhebung bei drei der vier für Wohngebäude zentralen Ausstattungsbereiche führt oder wenn die Baumaßnahme unter Berücksichtigung der betrieblichen Zielsetzungen des Benutzers der von der Baumaßnahme betroffenen Fläche eine bessere oder eine völlig neue Nutzungsmöglichkeit schafft.
Da die Entscheidung aus Niedersachsen rechtskräftig ist, sollten sich Betroffene auf die Grundsätze des erstinstanzlichen Urteils beziehen.